Schaltet man sich durchs Fernsehprogramm landet man unweigerlich bei den aktuellsten Nachrichten zum Coronavirus und seinen sozialen wie wirtschaftlichen Folgen. Mittlerweile handelt es sich nicht mehr nur um regierungskonforme Berichterstattung und infolge mangelnder virologischer und epidemiologischer Kenntnisse vorsichtige Kommentare von Politakteuren und ihren Beratern. Es wird jetzt auch durchaus kritischen Stimmen Platz eingeräumt. War es zu Beginn der Krise noch die Verunsicherung, ob man jemand kennen wird, der an dem Virus erkrankt oder sogar stirbt, so ist es nun eher die Unsicherheit hinsichtlich der eigenen Zukunft, die die Gemüter hochkochen lässt. Während viele Unternehmen ums eigene Überleben kämpfen, scheinen die Verantwortlichen von außen betrachtet selbst in einer Krise zu stecken, die ihrer eigenen politischen Zukunft durchaus schwer schaden könnte.

Angst essen Seele auf

Für viele erweckt deren momentanes Agieren inklusive augenscheinlich versehentlich geleakter Informationen den Eindruck, als sei man in Regierungskreisen doch stark verwundert, dass trotz zahlreicher mit ernster Miene geführter Pressekonferenzen und veröffentlichter Horrorzahlen die Angst vor dem neuen Virus in der Bevölkerung nicht besonders nachhaltig vorherrschen zu wollen scheint. Die anfänglichen Hamsterkäufe und Quarantänemaßnahmen, die gepaart mit einer Dankbarkeit hinsichtlich des Schutzes vor dem sicheren qualvollen Ableben sehr diszipliniert eingehalten worden sind, weichen nun ganz anderen Phänomenen, welche die Bevölkerung zwar durchaus spalten, politisch aber ebenso schwer zu kontrollieren sind, wie das Virus. Die medial propagierten Maßnahmen zum Schutze der Österreicherinnen und Österreicher haben unter anderem zu unübersehbaren Reflexionsprozessen geführt, die thematisch einen weiten Bogen über das gesamte Fachspektrum spannen (vor Fake News und entsprechenden Informationen sei an dieser Stelle gewarnt). Als daraus resultierender Effekt werden diese nun auf Basis gesammelter Informationen und Erfahrungen von allen Seiten hinterfragt, kritisiert und stark angezweifelt.

Gemütlich zusammensitzen nach Corona?
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Fehlerkultur und politwirtschaftliche Kybernetik

Zwar wird seitens der Politik häufig beteuert, dass offene konstruktive Diskussionen erlaubt und durchaus erwünscht sind, nur fällt es vielen schwer dies zu glauben. Allein schon weil es - hier als reines Gedankenexperiment zu verstehen - schwer vorzustellen ist, wie hochrangige Politiker reagieren sollten, wenn sie nach wochenlang durchgesetzten und mit für die Bevölkerung schwerwiegenden Konsequenzen verbundenen Anordnungen feststellen würden, dass der Großteil gar nicht notwendig gewesen wäre. Hier fällt einem unweigerlich die Metapher “Operation gelungen, Patient tot“ ein. Die Fehler zugeben, sich entschuldigen und weitermachen wie vor der Krise? Oder vielleicht doch auf Korrektheit der eigenen Entscheidungen pochen und sich um die rasche Herstellung alter Verhältnisse bemühen, was in der altbekannten Form, gerade in Hinblick auf das Wahren der eigenen Glaubhaftigkeit, nicht mehr so leicht möglich ist?

Es wird sich weisen welches Narrativ sich am Ende durchsetzen wird. Variante eins wäre, dass wir alle gut ausgestiegen sind, weil die Maßnahmen rechtzeitig in dieser Form gesetzt wurden. Variante zwei könnte umgekehrt besagen, dass die Maßnahmen in dieser Dimension gar nicht nötig gewesen wären. Neben der sozialen Dynamik unter den Experten und Meinungen ist die Kybernetik des abrupten Eingriffes in ein hochkomplexes Wirtschaftssystem basierend auf Laborsimulationen nicht wenig riskant. Wie heißt es so schön: “Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“. (Daniel Witzeling, 27.5.2020)

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