Dass die österreichische Indexierung der Familienbeihilfe vor dem Europäischen Gerichtshof landen würde, war seit ihrem Beschluss durch die türkis-blaue Regierung klar. Für die EU-Kommission und die osteuropäischen Mitgliedsstaaten ist ein solcher Schritt ein Tabubruch. Denn die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer ist ein Grundprinzip des Binnenmarktes.

Die Familienbeihilfe ist dazu gedacht, die tatsächliche Mehrbelastung für Eltern gegenüber Kinderlosen auszugleichen.
Foto: imago/Gemma Ferrando

Aber den Gedanken, gewisse Familienleistungen an die höchst unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den EU-Staaten anzupassen, hatten schon andere Staaten. Diese sind aber stets davor zurückgeschreckt. Österreich geht auch als Vorreiter für Deutschland und andere reiche EU-Staaten in diese juristische Auseinandersetzung.

Die österreichischen Argumente sind stärker, als es so manche Europarechtsexperten darstellen. Denn die Familienbeihilfe ist dazu gedacht, die tatsächliche Mehrbelastung für Eltern gegenüber Kinderlosen auszugleichen. Deshalb steigt sie mit dem Alter der Kinder. Aber die monetäre Belastung hängt noch viel mehr davon ab, ob die Kinder in Wien oder in einem rumänischen Dorf leben.

Angesichts der geringen Ersparnis für das Budget könnte die Regierung auf diesen Kampf leicht verzichten. Der politische Preis ist jetzt schon höher als der finanzielle Nutzen. Aber es hat auch seinen Wert, wenn der EuGH in diesem Prinzipienstreit die Argumente beider Seiten einmal prüft – und die jahrelange Debatte endgültig beendet. (Eric Frey, 14.5.2020)