Ernst ist das Leben, heiter die Kunst. Als Friedrich Schiller diese das bürgerliche Leben von künstlerischer Zumutung sauber trennende Behauptung in die Theaterwelt setzte, konnte er natürlich nicht ahnen, welche Stimmung die musische Sphäre einer Bevölkerung, begnadet für das Schöne, unter einer türkis-grünen Regierung erfassen würde. Während die kulturellen Bedürfnisse von Banausen, deren Stimmung die Meinungsumfragen antreiben sollte, durch die ausreichende Versorgung mit Klopapier rasch und kulturell hochstehend befriedigt wurde, wiegte sich die Boheme, leichtfertig, wie sie bekanntlich ist, im Vertrauen auf das Wort des kulturell zuständigen Vizekanzlers, als der versprach, "wir lassen keinen zurück, koste es, was es wolle".

Konsequent wurde daraufhin der nationale Kulturbetrieb zunächst einmal auf zwei Monate geschlossen und fast zweihunderttausend darin Schaffende mit ihren Unkosten sich selbst überlassen. Sie haben sich das auch selbst zu verdanken, mussten sie sich doch von der zuständigen Staatssekretärin (in den "Salzburger Nachrichten")den Vorwurf gefallen lassen: "Kultur ist komplizierter als Sport." Sie präzisierte diesen Vorwurf dahingehend, das Kunst und Kultur ein Publikum brauche – was diese Bereiche in realistischer Einschätzung der Prioritäten unseres gesellschaftlichen Lebens immerhin auf eine Stufe mit der Beiselkultur hebt, die sich weit innigerer Zuwendung der Obrigkeit erfreuen darf, und koste es eine Senkung der Schaumweinsteuer.

Das noch geschlossene Kunsthistorische Museum in Wien.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Den Vorwurf zu großer Kompliziertheit sollten sich Kulturschaffende schon im Hinblick auf eine zweite Corona-Welle, aber auch prinzipiell zu Herzen nehmen, und nun liefern ihnen die Grünen die Chance dazu. Gute Kunst ist immer einfach und sollte sich auf keinen Fall anmaßen, die Komplexität einer Abseitsfalle überbieten zu wollen. Wenn schon die Regierung kein Problem damit hat, Menschenrechte rasch einmal über den Kamm zu scheren, müsste das auf künstlerischem Gebiet doch auch möglich sein. Schon dürfen im Gleichklang mit den Wirtshäusern auch die Museen aufsperren, obwohl das in ihnen waltende Virus loci das eines Supermarkts an Gefährlichkeit weit übertrifft. Man sieht also, wie ungerecht die Kritik ist, die aus Kulturkreisen nun auf die Regierung niederprasselt.

Umso ungerechter, wenn dabei so getan wird, als wären nur Künstler berufen, Kunst zu schaffen und berechtigt, daraus ihren Lebensunterhalt zu gewinnen. Es gibt seit alters her auch den Begriff Regierungskunst, und entstammt der Regierungskünstler auch keiner Akademie, reicht der Ewigkeitswert seiner Werke nicht einmal bis ans Ende einer Legislaturperiode, so will doch gerade er für seine Leistungen gepriesen werden.

Anderen Künstlern hat er dabei nicht nur ein fixes Einkommen voraus, sondern auch beste Betreuung bei der Einforderung seines Ruhms auf Regimentsunkosten, sei es durch kontrollierende Beratung, sei es durch kostenlose Verbreitung des Lobs seiner Werke in verpflichteten Medien. Der wahre Künstler ist sich seines Werts für die Menschheit bewusst und hält damit nicht hinter dem Küniglberg. Solange er in voller künstlerischer Freiheit auftreten darf, kann der Rest der Kultur ruhig in Quarantäne bleiben. (Günter Traxler, 14.5.2020)