Foto: Screenshot oe24

Das Onlineportal Oe24.at hat mit Tatortbildern nach Ansicht des Österreichischen Presserats den Persönlichkeitsschutz und die Intimsphäre des Opfers verletzt. Im Artikel "Frau fast totgeprügelt: Kritik an Behörden" zeigten Bilder ein verwüstetes Bad, Blutspuren und eine zertrümmerte Toilette, an der Blut heruntergeronnen ist. Eine Leserin habe den Presserat darauf aufmerksam gemacht.

"Oe24" erkennt den Presserat nicht an, auf STANDARD-Anfrage am Freitag wollte man die Entscheidung auch nicht kommentieren.

"Menschenunwürdig"

Die Bilder ließen unmittelbare Rückschlüsse auf die Gewalttat zu, erklärt der Presserat in seiner Entscheidung zu der Veröffentlichung auf "Oe24". Bei der Berichterstattung über konkrete Gewaltverbrechen sei stets auf die Würde der Opfer zu achten. Das Leid, das die betroffenen Frauen und ihre Angehörigen erfahren, darf durch die Berichterstattung nicht vergrößert werden. Nach Ansicht des Senats ist die Veröffentlichung solcher Fotos dazu geeignet. Dabei spiele es keine Rolle, dass auf den Fotos keine Personen zu sehen sind. Das Bildmaterial sei "menschenunwürdig" und ein Eingriff in den Persönlichkeitsschutz des Opfers.

Die Fotos verletzten auch die Intimsphäre der Betroffenen. Neben den Blutspuren seien das Badezimmer und die Toilette (sowie mehrere Gegenstände bzw. Details) deutlich erkennbar. Der Senat betont, dass die Wohnung grundsätzlich zur privaten Rückzugssphäre zählt; die Veröffentlichung von Innenaufnahmen einer Wohnung nach einem derartig brutalen Vorfall stelle somit auch einen Eingriff in die Intimsphäre dar.

Der Senat forderte "oe24.at" auf, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten. (fid, 15.5.2020)