Daniel Koller/STANDARD
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Mit Tastaturen ist es so eine Sache: Ist man einmal auf den Geschmack höherpreisiger Geräte gekommen, tut sich eine neue Welt auf. Hat man einmal auf einer mechanischen Tastatur geschrieben, will man nicht mehr zum langverwendeten Zehn-Euro-Eingabegerät zurück. Natürlich tut es das alte Gerät auch. Allerdings ist eine ordentliche Tastatur im Grunde wie ein Werkzeug. Wenn man viel damit arbeitet, sollte man auch auf Qualität achten.

Die Qual der Wahl

Cherry, Logitech und Razer zählen zu den größten Herstellern von mechanischen Tastaturen. Die Firmen produzieren auch die Schalter. Hier gibt es immense Unterschiede, was das Schreib- und auch Spielgefühl betrifft. Cherry MX Blue werden etwa für Vielschreiber empfohlen, während die Cherry MX Red sich vielmehr an Gamer richten. Eine Art Zwischenlösung sind die Cherry MX Brown. Die Auswahl ist hier riesig. Am meisten hilft es, selbst Hand anzulegen und zu schauen, mit welchen Switches man sich am "wohlsten" fühlt.

IBM Model M/F als Tipp

Wenn man sich mit der Thematik dann noch weiter auseinandersetzt, kann man schnell in eine Art "Kaninchenloch" fallen. Unter Enthusiasten gilt etwa IBMs Model M beziehungsweise Model F als die beste Tastatur aller Zeiten. Gebrauchte Modelle werden teilweise um hunderte Euro verkauft. Die darin verbaute Knickfeder-Technik soll ein unglaubliches Tippgefühl mit sich bringen, das auch heute noch unerreicht ist. Unicomp baut die Tastaturen mittlerweile nach – zum stolzen Preis von rund 150 Euro.

Der Weg führt nach Japan

Auf der Suche nach der "perfekten" Tastatur stößt man auch immer wieder auf sogenannte "Topre"-Switches. Diese stammen aus Japan und polarisieren sehr stark. Die einen sehen darin überteuerte Rubberdome-Switches, die anderen wiederum das Beste, was man aktuell kaufen kann. Die Schalter bestehen aus insgesamt vier Teilen: dem Gehäuse, dem Stempel, der Gummiglocke und einer Feder. Mittlerweile gibt es auch eine Silent-Version, bei dem die Switches gedämpft werden und somit leiser sind.

DER STANDARD

Unterschiedliche Auslösekräfte

Als wäre das alles ohnehin nicht schon kompliziert genug, gibt es bei den Topre-Switches noch eine unterschiedliche Auslösekraft: 30, 35, 45 und 55 cN. Realforce bietet mittlerweile Geräte mit variabler Stärke. Sämtliche Ausführungen sind taktil, bieten also einen gewissen Klick. Um diesen noch geschmeidiger zu gestalten, kann speziell vorgesehenes Gleitmittel verwendet werden. Damit kann man den Sound und das Schreibgefühl anpassen.

Ein unglaublich teurer Spaß

Bei wem das Interesse nun geweckt ist, vorweg ein paar Worte: Aktuell gibt es keine Topre-Tastatur mit deutschem QWERTZ-Layout. Zudem herrscht ein beständiger Mangel an Topre-Switches, was den Preis auch in die Höhe treibt. Zwischen 200 und 300 Euro muss man auf jeden Fall rechnen. Zuletzt ist es auch nötig, die Tastatur zu importieren, da sie hauptsächlich in Asien gehandelt wird. Wieso sollte man also all diese Hürden auf sich nehmen?

Eine Tastatur mit Männervorname

Der Autor dieses Textes hat sich davon nicht abbringen lassen und eine Topre-Tastatur importiert. Konkret eine Leopold FC660C. Erstanden wurde diese als Silent-Variante auf Ebay. 250 Euro kostete das Produkt, das eine halbe Weltreise durchmachen musste. Zwischen Südkorea und Österreich liegen dann doch ein paar Meter, und somit vergingen Wochen, bis die Tastatur eintraf.

Unvergleichliches Schreibgefühl

Hat sich diese Odyssee nun also ausgezahlt? Ja, definitiv. Unter Enthusiasten wird immer wieder das Wort "Endgame" verwendet, also ein Produkt, das alle anderen alt aussehen lässt. Die Leopold FC660C bietet ein unglaubliches Schreibgefühl, bei dem es wirklich Spaß macht, längere Texte zu verfassen. Auch beim Thema Gaming gibt sich das Gerät keine Blöße. Eine Steigerung oder Minderung der Performance konnte hierbei aber noch keine eruiert werden.

Musik in den eigenen Ohren

Auch der Sound der Tastatur ist Musik in den Ohren. Bei den klappernden Geräuschen von mechanischen Geräten scheiden sich die Geister. Die Silent-Version der Leopold FC660C bietet einen Klangcharakter, dem man gerne zuhört und der auf Dauer nicht störend ist. Auch für Dritte fällt der Geräuschpegel nicht allzu schlimm aus. Nutzer mechanischer Tastaturen machen sich in Großraumbüros oder bei Sprach-Chats ja oftmals nicht allzu große Freunde.

Ja, diese Tastatur ist mein "Endgame"

Perfekt ist die Tastatur zuletzt aber auch nicht. Das QWERTY-Layout ist anfangs äußerst gewöhnungsbedürftig. Dass das Gerät ohne Beleuchtung kommt, ist ebenso ein minimaler Minuspunkt. Und auch der hohe Preis und der Import sprechen gegen die Anschaffung. Wer allerdings einmal auf einer Topre-Tastatur getippt hat, kann verstehen, wieso so manche Enthusiasten darauf schwören. Für mich ist diese Tastatur mein "Endgame". (Daniel Koller, 15.5.2020)