Dieses Jahr wird die Bühne am Bodensee erstmals leer bleiben.

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Bregenz – Das Coronavirus hat nun auch die Bregenzer Festspiele in die Knie gezwungen. Die Festival-Saison 2020 ist am Freitagnachmittag offiziell abgesagt worden, nachdem zu Mittag die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Kulturveranstaltungen in den nächsten Monaten skizziert hatte. Damit werden die Bregenzer Festspiele heuer zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1946 nicht stattfinden.

"Ich muss feststellen, dass mit der Verlautbarung von heute, den neuen behördlichen Auflagen, die für den Sommer gelten, die Bregenzer Festspielsaison 2020 abgesagt ist", sagte Festspielpräsident Hans-Peter Metzler in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Für Vorstellungen ab 1. August sind nicht mehr als 1.000 Zuschauer erlaubt – die Bregenzer Seebühne fasst knapp 7.000 Gäste.

Lange hatte man sich bei dem Bregenzer Festival trotz der Corona-Pandemie "durchaus optimistisch" gezeigt, was die Durchführung der diesjährigen Saison von 22. Juli bis 23. August anging. "Die Hoffnung stirbt nie. Wir gehen davon aus, dass die Festspiele stattfinden können", erklärte Metzler noch im März. Schließlich setzte man sich als Stichtag für eine Entscheidung den 30. Mai, der Großteil der rund 80 ganzjährig beschäftigten Mitarbeiter wurde in Kurzarbeit geschickt.

"Rigoletto" und "Nero" auf 2021 verschoben

Jetzt fiel gezwungenermaßen früher die Entscheidung: Metzler sprach von einem einmaligen, außerordentlichen "und für uns traurigen Moment". Der kaufmännische Direktor Michael Diem erklärte, dass die Bregenzer Festspiele mit 1.000 Gästen auf der Seebühne "wirtschaftlich nicht machbar sind". Intendantin Elisabeth Sobotka kündigte an, dass die Bregenzer Festspiele ohne die Aufführungen auf der Seebühne – "das Herz der Festspiele" – nicht denkbar seien. Man werde 2021 wie für heuer geplant sowohl "Rigoletto" auf dem See als auch "Nero" im Festspielhaus zur Aufführung bringen.

Die Vorarlberger Kultur-Landesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) zollte den Verantwortlichen der Bregenzer Festspiele in einer ersten Reaktion "höchsten Respekt" für ihre Entscheidung. Diese sei "nachvollziehbar, wenn auch traurig", sagte sie am Freitag. Die Öffnungsschritte, die der Bund bekannt gab, bedeuteten aber für die übrige Kunst- und Kulturszene "wenigstens eine Perspektive".

Fatale Konsequenzen

Bis zu 250.000 Musikfreunde müssen im Sommer wegen der Corona-Pandemie auf die besondere Atmosphäre des Festivals am See verzichten. Schmerzvoll ist die Absage aber auch für Hotellerie, Gastronomie und Handel im Land. Laut einer Studie bringt das Festival in der Region rund 100 Mio. Euro Wertschöpfung jährlich.

Für die Vorarlberger Tourismusbranche sei die Absage der Bregenzer Festspiele ein "herber Schlag", so Christian Schützinger, Geschäftsführer von Vorarlberg Tourismus. Acht bis zehn Prozent der Urlauber besuchen Vorarlberg explizit wegen einer Kulturveranstaltung. Gibt es keine Festspiele, keine Schubertiade usw. könnten bei 1,3 Mio. Gästen im Sommer also bis zu 130.000 Urlauber fehlen. (APA, 15.5.2020)