Der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sassoli, pocht gemeinsam mit der großen Mehrheit der Abgeordneten auf das letzte Wort bei der Post-Corona-Hilfe.

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Brüssel – Das EU-Parlament pocht auf sein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung des Wiederaufbauplans für die Zeit nach der Corona-Krise. "Wir haben als Parlament das letzte Wort", sagte Parlamentspräsident David Sassoli am Freitag in Brüssel. Das Parlament habe dies in einer Entschließung mit großer Mehrheit klar gemacht. Die Abgeordneten fordern unter anderem ein zwei Milliarden Euro schweres Finanzpaket.

Das Parlament positionierte sich mit der Entschließung zum Wiederaufbauplan, mit dessen Ausarbeitung die EU-Staats- und Regierungschefs im April zunächst die EU-Kommission beauftragt hatten. Das Vorhaben soll Europas Wirtschaft nach der Corona-Pandemie schnell wieder aus der Rezession zu holen. Volumen, Finanzierung und Auszahlungsmodalitäten sind unter den Mitgliedstaaten aber hoch umstritten.

EU-Kommission will Vorschlag am 27. Mai veröffentlichen

Wegen der schwierigen Sondierungen hatte die Kommission die Veröffentlichung ihres Vorschlages zudem mehrmals verschoben. Ein Kommissionssprecher nannte nun den 27. Mai als Datum. Während sich die Mitgliedsstaaten nicht einigen könnten und die Kommission die Veröffentlichung verschiebe, gebe es im Parlament eine klare Mehrheit für konkrete Vorschläge, unterstrich der Grüne Europaabgeordnete Rasmus Andresen.

Wie auch von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angedacht, befürwortet das Parlament, dass die Kommission sich das Geld durch Anleihen auf den Kapitalmärkten beschafft. Garantieren soll dafür das EU-Budget, hinter dem die Finanzkraft der Mitgliedstaaten steht. Die Verteilung der Mittel soll nach Auffassung der Abgeordneten über die EU-Budgetprogramme geschehen.

Grüner und digitaler Wandel soll forciert werden

Hauptsächlich in Form von Zuschüssen soll das Geld der Entschließung zufolge die Wirtschafts- und Sozialsysteme der Mitgliedstaaten stützen und zugleich den grünen und digitalen Wandel forcieren. Das Parlament warnt die Kommission zudem davor, für die Finanzierung des Konjunkturprogramms bestehende oder geplante EU-Programme zu kürzen oder die parlamentarische Kontrolle einzuschränken.

Sollten die Forderungen nicht erfüllt werden, behält sich die Volksvertretung vor, die Verabschiedung des Vorhabens mit ihrem Veto zu blockieren. "Wir wollen nicht, dass es dazu kommt", sagte Sassoli. Deshalb sei nun die Zeit, um das Parlament direkt an den Verhandlungen zu beteiligen. "Es wäre gut, wenn Kommission und Rat dem Parlament zuhören." Er habe von der Leyen vorgeschlagen, den Plan am 27. Mai im Parlament vorzustellen und sie habe akzeptiert, sagte der Italiener weiter. Er werde dafür voraussichtlich eine außerordentliche Plenarsitzung einberufen.

Meisten von Österreichs Abgeordnete stehen hinter Entschluss

Hinter die Resolution stellten sich auch führende österreichische Europaabgeordnete. So stimmte auch die ÖVP-Delegation trotz einiger inhaltlicher Bedenken einstimmig für die Resolution. Monika Vana, Leiterin der EU-Delegation der Grünen, kündigte an, das EU-Parlament werde sich bei den kommenden Verhandlungen mit Rat und Kommission "nicht an die Seite drängen lassen".

ÖVP-Mandatar Othmar Karas sagte, es sei nun die "Stunde für einen politischen Durchbruch" bei den eigenen Finanzierungsquellen der EU gekommen. So müsse man mit einer Digitalsteuer "ernstmachen". Durch die Coronakrise schrumpfe die europäische Wirtschaft und der EU stehen weniger Mittel zur Verfügung, erinnert Karas. "Die Lücke können wir nur solidarisch mit Eigenmitteln füllen", sagte Karas. Eine dreiprozentige Digitalsteuer für große Online-Firmen würde ihm zufolge der EU in den nächsten sieben Jahren 35 Milliarden Euro einbringen.

Geld soll von neuen Steuern kommen

SPÖ-Abgeordnete Evelyn Regner forderte ebenfalls "eine grundlegende und faire Reform des europäischen Steuersystems" und einen "fairen Steuerbeitrag" von großen multinationalen Konzernen. Die SPÖ-EU-Delegation unterstütze die Forderung nach neuen EU-Finanzierungsquellen. "Zur Finanzierung braucht die EU mehr Eigenmittel, die durch eine Digitalsteuer, eine Abgabe auf Finanztransaktionen, eine Plastiksteuer und die Reform des Emissionshandels eingebracht werden könnten", erklärte deren Leiter Andreas Schieder am Freitag. Die NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon unterstrich in ihrer Stellungnahme die Forderung der Knüpfung der Vergabe von Mitteln aus dem EU-Budget und des Wiederaufbaufonds an die Einhaltung der Grundrechte. (APA, 15.5.2020)