Eine Finca, viel Wodka Red Bull und versteckte Kameras wurden Heinz-Christian Strache zum Verhängnis. Den Videoproduzenten auch.

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Heinz-Christian Straches Ruderleiberl, Johann Gudenus’ pantomimische Darstellung der Firma Glock: Diese Bilder aus dem Ibiza-Video haben sich ins kollektive Gedächtnis der Republik eingebrannt. Weniger präsent ist der dritte Mann, der an diesem Abend dabei war: der Detektiv J. H., der den Begleiter der angeblichen Oligarchennichte mimte.

Dessen Anwalt Johnny Eisenberg wirft den österreichischen Behörden nun vor, die Ermittlungen manipuliert und somit Recht gebeugt zu haben. Für die Wiener Behörden ist H. Dreh- und Angelpunkt der Ermittlungen in der Causa Ibiza. Sein Anwalt hat bereits im Jänner Anzeige gegen österreichische und deutsche Staatsanwälte und Ermittler eingebracht, denen er missbräuchliche Rechtsanwendung durch Amtsträger und unsaubere Methoden vorwirft. Damit wird sich im Herbst auch der Ibiza-U-Ausschuss beschäftigen.

Strache-Fan in der Soko

Es gibt jedenfalls Indizien für Ermittlungspannen. Ein Polizist schrieb Strache am Tag nach der Veröffentlichung des Videos, er wünsche sich den "Rücktritt vom Rücktritt".

Trotz dieser Sympathiebekundung arbeitete er später in der polizeilichen Soko Tape – und stand auch dann noch in Kontakt mit Strache. Der Ermittler soll in der Causa entscheidende Vernehmungen durchgeführt haben. Ihm wird nun vorgeworfen, Verdachtsmomente überspitzt dargestellt zu haben. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Kleiner Hebel der Ermittler

Dahinter steht die Frage, ob die Produktion und die Weitergabe des Ibiza-Videos kriminelle Akte waren. Hauptdarsteller Heinz-Christian Strache behauptete das: Er sprach von einer Videofalle, die von der "Ibiza-Bande" gestellt worden sei. Und er setzte Gerüchte über die Vergangenheit der angeblichen Videoproduzenten in die Welt.

Den österreichischen Ermittlern stand allerdings nur ein kleiner Hebel zur Verfügung: Der Vorwurf gegen J. H. lautete anfangs lediglich, Ton- und Filmmaterial ohne die Zustimmung von Strache und dem ebenfalls im Video zu sehenden Johann Gudenus aufgenommen und verbreitet zu haben. Heimliche Aufnahmen sind in Spanien allerdings gar nicht strafbar, was weitere juristische Komplikationen bedeutet. Das Strafmaß für dieses Delikt wäre zu gering, um Europäische Ermittlungsanordnungen durchzusetzen, also gegen den in Berlin lebenden J. H. vorzugehen.

Deutsche Hilfe, aber nur unter Bedingungen

Bei Delikten wie Drogenhandel oder Erpressung, die J. H. erst im Lauf der Ermittlungen vorgeworfen wurden, ist das anders: Dann können heimische Behörden ihre deutschen Kollegen um Hilfe bitten. Deshalb soll gezielt versucht worden sein, diese Vergehen zu konstruieren, so der Vorwurf. Gibt es dann eine Ermittlungsanordnung aus Österreich, prüfen deutsche Behörden diese nicht inhaltlich, sondern führen sie aus. Das soll zu umfassenden Überwachungsmaßnahmen gegen J. H. und dessen Umfeld geführt haben.

H.s Anwalt Eisenberg sieht es als notwendig an, dass er Einsicht in den Akt gegen Strache erhält: "Die Verteidigung kennt einen guten Teil der gegen die mutmaßlichen Ibiza-Video-Verantwortlichen geführten Akten der österreichischen Behörden. Sie kennt die gegen Strache und Konsorten geführten Ermittlungsverfahren nur aus den Medien, bei denen diese Akten umfangreich kursieren", sagt er. "Es bleibt dabei, dass sich H. in keiner Weise zu der behaupteten Beteiligung an dem Vorgang äußert."

"Verteidigung beschränkt"

Auch der Verteidiger des mutmaßlich an der Videoproduktion beteiligten Anwalts M. bemängelt, dass man Informationen aus dem Akt nicht außerhalb des Aktes verwenden dürfe, weil der Akt als Verschlusssache geführt wird. So könne man bestimmten Darstellungen und Anschuldigungen nicht entgegentreten: "Das beschränkt die Verteidigungsrechte, hindert Mitglieder der Soko aber nicht daran, Interviews zu geben. Letzteres ist ein unrühmliches Novum."

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Augsburg bestätigt auf STANDARD-Anfrage nur das Vorliegen der Anzeigen gegen sechs Personen. Von den betroffenen österreichischen Behörden war keine Stellungnahme zu erhalten. (Fabian Schmid, Sebastian Fellner, 15.5.2020)