Tokio – Bevor die Japanerin Junko Tabei ihren ehrgeizigen Plan anging, das Dach der Welt zu erklimmen, wandte sich ihr Mann mit einer großen Bitte an sie. Im Wissen um die Gefahren bei der Besteigung des 8848 Meter hohen Mount Everest bat der Gatte sie um ein Kind. Tabei erfüllte ihm diesen Wunsch (sich selbst natürlich auch), 1972 kam Tochter Noriko zur Welt.

Das Dach der Welt.
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Drei Jahre später, am 16. Mai 1975, stand die 1,50 Meter große Junko Tabei als erste Frau auf dem Gipfel des Everest. Den hatte die damals 35-Jährige nicht aufrecht, sondern im tiefen Pulverschnee auf allen vieren krabbelnd erreicht. Wenige Tage zuvor waren sie und ihre Begleiter auf 6300 m Höhe von einer Lawine überrascht worden, wie durch ein Wunder kam niemand dabei ums Leben. Junko Tabei verlor für etwa sechs Minuten das Bewusstsein, bis ein Sherpa sie ausgrub. Nach drei Tagen Pause machten sich Tabei und ihr Sherpa dann alleine auf den letzten Anstieg.

Die am 22. September 1939 in Miharu geborene Juno Tabei bezwang als erste Frau den Mount Everest, der Gipfelsturm erfolgte am 16. Mai 1975. Im Jahre 2000 wurde ein Asteroid nach ihr benannt. Neben der Bergsteigerung befasste sie sich mit englischer Literatur, sie schloss ein Studium ab.
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1992 machte sie ebenfalls als erste Frau die sogenannten "Seven Summits", die höchsten Berge der sieben Kontinente, komplett. Neben dem Everst stand sie auf dem Aconcagua in den Anden (6961 m), dem Mount McKinley in Alaska (6190 m), dem Kilimandscharo in Tansania (5895 m), dem Elbrus (5642 m) im Kaukasus, dem Mount Vinson (4892 m) in der Antarktis und auf der Carstensz-Pyramide (4884 m) in Papua-Neuguinea.

Junko Tabei starb am 20. Oktober 2016 in einem Krankenhaus in Kawagoe an Magenkrebs. Sie wurde 77 Jahre alt. Auf den Mount Everest war sie nie zurückgekehrt, ihr widerstrebte der zunehmende Massentourismus im Himalaja. "Wo ich einmal war, muss ich nicht mehr hin", war ihr Credo. Ihre Fußspuren hat sie überall hinterlassen. (sid, red, 15.5.2020)