Die Wiese in Dortmund ist gemäht. Auf sie und ganz nah an sie heran kommen aber nur wenige. Im Stadion sind maximal 300 Personen erlaubt, Fans dürfen sich auch vor den Stadien nicht versammeln.

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Bier, Chips und das Grillzeug liegen bereit. Aber, machen wir uns nichts vor, es wird schwierig. Denn nichts wird so sein wie bisher, wenn am Samstag in Deutschland der Corona-Spielbetrieb der deutschen Fußball-Bundesliga startet, als erster der europäischen Spitzenligen.

"Ich freue mich darauf, das ist ein Stück Lebensfreude und Lebensinhalt für viele Millionen Menschen", sagt Horst Seehofer (CSU), der nicht nur deutscher Innen-, sondern auch Sportminister ist. Aber er warnt zugleich: "Wir müssen uns im Klaren sein, wenn es zu Infektionen kommt, dann müssen die gleichen Regelungen wie für die Bevölkerung auch gelten. Das muss man offen aussprechen." Heißt: Quarantäne.

Lange ist es her, dass der Ball zum letzten Mal rollte. Am 8. März, dem 25. Spieltag der Saison, wurden die Partien noch ausgetragen, dann war Schluss. Seither steht Bayern München an der Spitze der Tabelle, gefolgt von Borussia Dortmund, im Keller tummeln sich Werder Bremen und der SC Paderborn.

Danach tobte nur noch der Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern einer raschen Rückkehr der Mannschaften auf den Stadionrasen. "Wenn das Mantra lautet: ‚Kein Kontakt, Abstand, Hygiene, Schutz‘, aber man dann ausgerechnet eine Sportart zulässt, in der all das von Anfang an und notorisch nicht eingehalten werden kann, hat das natürlich Auswirkungen darauf, ob sich die Menschen fragen: Warum muss ich mich in meinem Bereich an solche Einschränkungen halten?", klagt der langjährige Vorsitzende des Ethikrates, Peter Dabrock.

TV-Gelder noch ausständig

Es gehe schlicht um "den Fortbestand der Ligen in ihrer jetzigen Form", entgegnet Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), die den Spitzenfußball organisiert und vermarktet. Für die 36 Vereine der ersten und zweiten Liga steht eine Riesenmenge Geld auf dem Spiel. Sie erwarten noch 750 Millionen Euro aus TV-Geldern.

Bei einem Abbruch der Saison würden diese nicht überwiesen, was einige Klubs in Existenznot brächte, zumal ihnen auch noch Einnahmen aus dem nicht mehr existenten Ticketverkauf wegfallen. Das sind, laut Berechnungen des Kicker auf Basis von Einnahmen der vergangenen Saison, rund 91 Millionen Euro. DFL-Boss Seifert weist auch darauf hin, dass an den Vereinen 56.000 Arbeitsplätze hängen. Aber auch er weiß: "Wir spielen auf Bewährung."

Unter Beobachtung stehen sowohl Spieler als auch Fans. Für Erstere hat die DFL ein 35-seitiges "Organisations-Rundschreiben Sonderspielbetrieb" versandt. "Nur mit einem Höchstmaß an Disziplin und Akribie wird es gelingen, unser gemeinsames Ziel, das Saisonfinale 2019/20, zu erreichen", heißt es darin.

Im Stadion dürfen maximal 300 Personen anwesend sein, und sehr viel Gewohntes ist verboten: das gemeinsame Einlaufen, der Handshake bei der Platzwahl, Rudelbildung, Abklatschen, Umarmen und Ballkinder unter 16 Jahren. Sie müssen, wie auch jene, die auf der Bank sitzen, selbstverständlich den Sicherheitsabstand einhalten und Masken tragen. Zudem lautet eine Vorschrift: "Der Ausstoß von Speichel (Spucken) soll vermieden werden."

Nicht auf der Bank wird übrigens der neue Augsburg-Trainer Heiko Herrlich sitzen. Es wäre sein erstes Spiel, doch er hat das Quarantänehotel seiner Mannschaft vor Anpfiff unerlaubt verlassen, um Zahnpasta zu kaufen. Jetzt ist er erst einmal "gesperrt".

Nicht zum Stadion kommen

Ein Risikofaktor sind natürlich auch die Fans. Weder sollen sie sich in Massen vor den Stadien einfinden noch sich im Wohnzimmer dicht vor dem Fernseher drängen. "Hört zu, Jungs, taucht nicht am Stadion auf. Wenn ihr dort auftaucht, verlieren wir dieses Spiel, weil die Regeln sehr streng sind. Denn wenn Fans auftauchen, geht das Spiel ans Auswärtsteam", appelliert Fredi Bobic, Sportvorstand von Eintracht Frankfurt, an die Fans.

Damit in der privaten Stube oder vor den Stadien das Gewusel nicht zu dicht wird, überträgt der Bezahlsender Sky, der die Rechte an der Bundesliga hält, die Spiele an den ersten beiden Wochenenden im frei empfangbaren Sender Sky Sport News HD.

Zwei Kracher finden am ersten Wochenende statt: das Revierderby Dortmund gegen Schalke am Samstag und Union Berlin gegen Bayern München. Da zum Fußballerlebnis ja mehr gehört als nur das Gegeneinander von 22 Spielern, bietet Sky bei seiner Übertragung eine neue Audio-Option an: eine Tonspur mit eingespielter Stadionatmosphäre.

Die fehlenden Fans bereiten auch den Spielern Kopfzerbrechen. Vor allem die Underdogs von Union Berlin leben sehr vom Rückhalt ihrer "eisernen" Zuseher im Stadion An der Alten Försterei, wohin die meisterlichen Bayern kommen.

"Wir hätten lieber vor vollem Haus gespielt, gerade in so einem Spiel, wo es auch einmal Phasen gibt, in denen wir dem Ball wahrscheinlich erst einmal hinterherlaufen müssen", sagt Union-Mittelfeldspieler Grisch Prömel.

Und wenn all die Maßnahmen nichts nützen und die Saison abgebrochen werden muss? Wie dann gewertet wird, ist unklar, die DFL streitet noch. Jetzt hofft man einfach auf Corona-freie Spiele. (Birgit Baumann, 16.5.2020)