Taipeh – Eigentlich sollten bei der am Montag beginnenden Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Corona-Pandemie und ihre Bekämpfung im Mittelpunkt stehen – und nicht die Politik. Und doch hat man in Genf die Rechnung offenbar ohne das mächtige China gemacht. Die kleine Inselrepublik Taiwan, die von Peking als abtrünnige Provinz betrachtet wird, wurde nämlich kurzerhand von dem – ohnehin Corona-bedingt bloß per Videoschaltung durchgeführten – Treffen ausgeladen.

Gerade Taiwan hat allerdings in der Eindämmung des Virus durchaus Erfolge vorzuweisen. Bei – laut der renommierten Johns-Hopkins-Universität – aktuell 440 Covid-19-Fällen zählt das kleine Land nahe der Küste Chinas sieben Todesopfer. Nun hat Taiwan offiziell Protest gegen seine Ausbootung eingelegt.

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Gesundheitsminister Chen richtet einen Appell an die Weltgemeinschaft, sein Land bei der WHO-Tagung mitreden zu lassen.
Foto: REUTERS/Ann Wang

So bezeichnete es Taiwans Gesundheits- und Sozialminister Chen Shih-chung als einen "Verlust für die WHO", dass das taiwanische Modell zur Bekämpfung des Coronavirus nicht mit der Weltgemeinschaft geteilt werden könne.

"Das WHO-Sekretariat sollte den angemessenen Appellen der internationalen Gemeinschaft aufmerksam zuhören", forderte schließlich auch Taiwans Außenminister Joseph Wu. Er verlangte, Taiwan eine uneingeschränkte Teilnahme zu gewähren.

Streit der Großmächte

Über die Frage, ob Taiwan teilnehmen darf oder eben nicht, war ein heftiger Streit entbrannt. China blockiert Taiwans Teilnahme schließlich seit drei Jahren. Bisher haben die anderen der 194 Mitgliedsländer das hingenommen, aber in diesem Jahr haben die USA Verbündete zusammengetrommelt, um Taiwans Teilnahme durchzusetzen. Entsprechende Resolutionen dürften Initiativen zur Bewältigung der Corona-Krise zum Auftakt der zweitägigen virtuellen Tagung am Montagmittag zunächst verdrängen.

Dahinter steht allem Anschein nach ein Machtkampf der USA mit China. US-Präsident Donald Trump wirft seit Beginn der Pandemie der WHO immer wieder vor, unter der Kuratel Pekings zu stehen, was Kritiker aber als Ablenkungsmanöver betrachten, weil die USA das Virus nicht und nicht in den Griff bekämen. Trump hat die US-Beiträge an die WHO zunächst eingefroren und droht mit einer deutlichen Kürzung. (red, 18.5.2020)