Michael Tojner sieht sich vom Burgenland zu Unrecht beschuldigt. Wirtschaftliches und unternehmerisches Interesse am genossenschaftlichen Bereich räumt er ein.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Von seiner Unternehmenszentrale am Wiener Getreidemarkt wehen vier weiße Fahnen. Mit einem Friedensangebot von Investor Michael Tojner ans Burgenland hat das aber nichts zu tun. Die Fahnen auf dem sogenannten Varta-Haus sind eine Installation Heimo Zobernigs: Tojner liebt die schönen Künste und zeigt das auch gern.

Mit dem Burgenland ist Tojner nach wie vor im Clinch. Das Land hat ihn angezeigt, seither ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Verdachts auf schweren Betrug, Untreue, Abgabenhinterziehung. Das Land fühlt sich bei Immobiliengeschäften von Tojner über den Tisch gezogen. Diverse Firmen hatten die gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften Pannonia (früher: Buntes Wohnen), Gesfö und Riedenhof übernommen, später wurde ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt, und dafür stehen dem Land Abschlagszahlungen zu.

Das Burgenland behauptet nun, es habe zu wenig Geld bekommen, Tojner habe sich bereichert. Er bestreitet das und es gilt die Unschuldsvermutung. Nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit konnten die Liegenschaften jedenfalls versilbert werden – das geschah mit Gewinn.

Tojner beruft sich unter anderem auf einen neuen Bericht des Landesrechnungshofs Burgenland, das Land sei bei der Festlegung der Geldleistungen für den Entzug der Gemeinnützigkeit völlig unbeeinflusst gewesen. Die ehemaligen gemeinnützigen Bauvereinigungen könnten nicht für Fehler verantwortlich gemacht werden, die das Land Burgenland im Entzugsverfahren gemacht habe.

Treuhand-Frage

Eine der Kernfragen im Verfahren ist, ob Tojner hinter den involvierten Gesellschaften gestanden ist. Die WKStA sieht es so, nennt ihn das "Mastermind" in der Angelegenheit, Notabene: Gemeinnützige dürfen von niemandem erworben werden, der im Bau- oder Maklergewerbe tätig oder Bauträger ist. Tojners Gesellschaften waren das.

Der Unternehmer soll Treuhänder eingesetzt haben, was einer der beschuldigten Anwälte in seinen Einvernahmen bestätigt hat. Tojner weist auch das zurück. Er habe nur "wirtschaftliches Interesse" gehabt, seine Unternehmensgruppe sei "immer an Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern interessiert gewesen", erklärt sein Anwalt. Zu Details des laufenden Verfahrens sagt er nichts, die hier erwähnten seien aus dem Zusammenhang gerissen und stünden in keinem Konnex zur Causa Burgenland, auch weil die Ereignisse Jahre zurücklägen.

Zwei Transaktionen

Interesse an den genannten gemeinnützigen Gesellschaften kann man Tojner wirklich nicht absprechen. Das erschließt sich aus E-Mails, die Riedenhof betreffen. Die Genossenschaft gehörte einst der Austria Tabak (ATW), es ging um 73.000 Quadratmeter Wohnfläche, von denen 25.000 der ATW direkt gehörten und 48.000 Quadratmeter der Genossenschaft. Im Oktober 2008 hielt Tojner nach einem Treffen mit einem ATW-Manager im Wiener Café Landtmann das Kaufinteresse seiner Global Equity Partners (GEP) fest. Es müsse zwei Transaktionen geben, das sei ihm bewusst: Kauf der Genossenschaft gemäß gesetzlich festgelegten Bedingungen und Kauf des Immobilienpakets zu Marktbedingungen puls Aufschlag für den Genossenschaftsvorteil, wie er schrieb.

Seinen Mitarbeiter beauftragte er danach mit der Bewertung, die Riedenhof wurde da mit drei Millionen Euro, das Liegenschaftspaket mit 7,2 Millionen veranschlagt. Der damalige Plan: Riedenhof solle durch die "Privatstiftung zur Förderung der Wissenschaft und universitären Forschung" übernommen werden. Der gehörte auch Buntes Wohnen. Das Immobilienpaket der Tabakwerke sollte über eine Option an eine GEP-Tochter gehen.

Rauch-Kallat involviert

Im Mai 2009 legte ein Tojner-Anwalt seine Ideen zur Akquisitionsstruktur vor. Vom Kauf durch Buntes Wohnen riet er eher ab, die Privatstiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung würde die Zustimmung des Landes Wien dagegen recht rasch bekommen. Diese Stiftung war Jahre zuvor auf Basis eines Treuhandvertrags zwischen Tojner und einem Geschäftspartner gegründet worden.

Die Sache zog sich aber hin. Bei den Verantwortlichen im Land zögerte man. Sie vermuteten, dass "Buntes Wohnen eh von Tojner kontrolliert wird", wie einer von ihnen die zu Sondierungen entsandte Maria Rauch-Kallat (Ex-Ministerin und ÖVP-Abgeordnete) wissen ließ. "Wir sollten vorsichtig sein, da deine Rolle bei Buntes Wohnen (...) und auch bei Riedenhof ein Thema ist", warnte ein Projektmitarbeiter seinen Chef Tojner damals.

Wenig Papier

Im September 2009 tauschte sich der mit einem engen Geschäftspartner aus. Er überlege, einen "Neutralen" wie seinen Anwalt "zur Absicherung in den Stiftungsvorstand" zu schicken, nur "bei ihm (und sonst nirgends)" solle man eine Vereinbarung hinterlegen. "Ich habe ja 90 Prozent der Austria-Tabak-Sache gemacht", hielt Tojner fest, und: "Ich will aus rechtlichen Überlegungen (Strafrecht) auch da keine große Dokumentation."

Im Oktober 2009 stellten sich die Investoren den ATW-Mitarbeitern vor (viele wohnen in deren Immobilien), Tojner sollte gemäß vorab besprochener Rollenverteilung im Hintergrund bleiben, ließ der dafür verantwortliche Mitarbeiter wissen: "Michael wäre der Investor, der das Liegenschaftspaket kauft. (...) Wichtig ist, dass du, Michael, dort nicht zu stark mit Buntes Wohnen, Riedenhof und Gemeinnützigkeit generell in Zusammenhang gesehen wirst. (...) Das könnte derzeit problematisch werden." Bis die Genossenschaft dann wirklich verkauft war, sollte es aber noch dauern. (Renate Graber, 19.5.2020)