Der Segen des erweiterten Bundesvorstands für Mayer steht noch aus.

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Es sind erschwerte Bedingungen, unter denen Werner Kogler (Grüne) innert weniger Tage und Stunden die Funktion der Kulturstaatssekretärin besetzen muss. Als Vizekanzler ist er an vielen Fronten gefordert, als Minister für Kunst und Kultur zur Schadensbegrenzung verdonnert. Als Parteichef braucht er den Konsens darüber, wer denn nun die Suppe auslöffeln soll, die ihm die Koalitionsvereinbarung, eine Fehlentscheidung und die Corona-Krise einbrockten: jemand aus den eigenen Reihen mit einer Neigung für den Kulturbetrieb oder doch eine Expertin, der seine Partei ein grünes Ticket gewährt. Wer auch immer muss dem Job gewachsen sein. Dass die Angelegenheiten des Staatssekretariats neuerlich aus dem Ruder zu laufen drohen, kann nicht im Interesse der Grünen sein. Einen Vorgeschmack hat der Koalitionspartner ÖVP jüngst über die Bande gespielt. Als Johanna Mikl-Leitners Brief an Ulrike Lunacek mit deutlichen Forderungen medial aufgegriffen wurde, schrillten die Alarmglocken bereits überlaut.

Autorität untergraben

Wenige Tage später, Mittwochabend vergangener Woche, entschied die Landeshauptfrau von Niederösterreich schließlich, dass das Grafenegg-Festival ab Mitte August abgehalten wird. Sie pfiff damit auf den am Vortag von Ulrike Lunacek für Ende der Woche angekündigten Stufenplan, unter welchen Bedingungen Veranstaltungen dieser Art in den nächsten Monaten überhaupt zulässig wären. Offiziell war das nur ein Nebenschauplatz, aber er untergrub die Autorität einer zuständigen Staatssekretärin endgültig.

Solche Scharmützel gilt es zu vermeiden. Das bedingt einen kundigen Überblick und fokussiertes Vorgehen. Denn im Kunst- und Kultursektor lauern derzeit unzählige Glutnester, die gelöscht werden müssen, bevor ein Flächenbrand irreparable Schäden anrichtet. Das muss einem Finanzminister jetzt deutlich verklickert werden. Eventuell fänden sich in der Wirtschafts- und Tourismusministerin gar Verbündete.

Umsetzbare Lösungsansätze gefragt

Dafür muss sich Werner Kogler mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit einsetzen, um nicht seine Glaubwürdigkeit als zuständiger Minister zu verspielen. Den notwendigen Input braucht er von einer Staatssekretärin, die nach klaren Vorgaben realistisch umsetzbare Lösungsansätze in "ihrer" Sektion entwickelt. Andrea Mayer, ehemals Leiterin dieser Sektion, bevor sie als Kabinettsdirektorin in die Präsidentschaftskanzlei wechselte, könnte das wohl vom Start weg stemmen. "Sie würde zumindest die Kriterien erfüllen, wenn ich sage, professionell, engagiert und kompetent", kommentierte Kogler Freitagabend. Nachsatz: Es liefen Gespräche mit mehreren, aber er habe eine Favoritin.

Zu den übers Wochenende genannten Kandidaten gehörten: Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, sowie ihre Belvedere-Kollegin Stella Rollig. Als einstige Kultur- und Technologiesprecherin der Wiener Grünen (2001–2010) fand weiters Marie Ringler Erwähnung. Geschichte.

Als Favoritin schickte Kogler Montagabend Mayer um die Gunst der Partei ins Rennen. Auf dem Wahlvorschlag, der dem Erweiterten Bundesvorstand der Grünen zur Abstimmung vorgelegt wird, soll – wie dem STANDARD bestätigt wurde – aber nur ein Name stehen: Andrea Mayer. (Olga Kronsteiner, 18.5.2020)