Von einem normalen Flugbetrieb in den nächsten Monaten geht niemand aus. Die nun anstehenden Sparprogramme bei den Airlines werden mit mehr oder weniger ruppigen Methoden umgesetzt.

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Gut zwei Jahre ist es her, da bejubelte die Politik die "österreichische Lösung": Niki Lauda hatte den Zuschlag für Niki erhalten. Die amtierende schwarz-blaue Regierung hatte für den Wahlhelfer von Sebastian Kurz (ÖVP) eifrig Stimmung gemacht. Viel besser sei das als eine ausländische Mutter wie Flugriese IAG, waren sich der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) einig.

Lange währte der rot-weiß-rote Stolz nicht. Zwei Monate später verkaufte Lauda 25, später 75 Prozent der Laudamotion-Anteile an Ryanair. Anfang 2019 übernahm der irische Billigflieger komplett – mit ambitionierten Wachstumsplänen und aggressiven Preisen im Gepäck. Die Rechnung ging nicht auf, Laudamotion häufte in Wien Verluste an – noch vor Ausbruch der Corona-Krise. Die Pandemie verschärfte die Lage.

Frist für neuen KV

Diese Woche könnte das nächste Kapitel aufgeschlagen werden. Stimmt die Gewerkschaft Vida dem neuen Kollektivvertrag nicht zu, sieht es für die 300 Lauda-Mitarbeiter in Wien (250 sind bei der Leiharbeitsfirma Crewlink unter Vertrag) düster aus. Die haben nun die Wahl zwischen Pest und Cholera, sieht der neue, von der Geschäftsführung geforderte KV, der ab 1. Juli gelten soll, doch unter anderem herbe Gehaltseinbußen von bis zu 20 Prozent vor,

Stichtag für die Unterschrift ist Donnerstag, wie Lauda-Geschäftsführer Andreas Gruber bekräftigt, was Ryanair-Boss Michael O'Leary lautstark trommelt. Gibt es keine Einigung, werden die Flüge künftig von den in Wien stationierten Ryanair-Maschinen (Boeing 737) übernommen. Die Airbus-Basis wäre perdu, das Personal überflüssig. Am Freitag würden im Ernstfall Nägel mit Köpfen gemacht, so Gruber, die Kurzarbeit aufgekündigt und Kündigungsschreiben versandt.

Überwältigende Zustimmung

Gruber ortet bei der Belegschaft "überwältigende Zustimmung" zum Sparpaket. Die Arbeiterkammer Niederösterreich spricht hingegen von "skandalösen Zuständen" bei der Ryanair-Tochter, die von Mitarbeitern an die AK herangetragen würden, von Drangsalierungen, psychischem Dauerdruck und sicherheitsgefährdende Einsparungen. So würden Techniker seit Monaten systematisch unter Druck gesetzt, um ihr OK für die Flugtauglichkeit von Fliegern zu geben, um damit notwendige teurere Service-Wartungen zu umgehen, davon, dass Beschäftigte wegen Krankenständen unter Druck gesetzt würden, so AK Niederösterreich Präsident Markus Wieser in einer Aussendung.

Auch Vida-Gewerkschafter Daniel Liebhart warnt: Die Mitarbeiter würden unter Druck gesetzt. Vor allem die geplanten Einschnitte beim Basisgehalt der Flugbegleiter von 1.700 auf 1.000 Euro brutto (ohne Zulagen) wären nicht hinnehmbar. Auch die Copiloten, die schwer an den für die Ausbildung angehäuften Schulden tragen würden, wären stark betroffen. Jetzt ist die Wirtschaftskammer am Zug, auf deren Vorschlag die Vida wartet.

AUA braucht weniger Geld

Bei der AUA ist hingegen ein wenig Durchatmen angesagt, die Liquidität reicht nun doch bis Ende Juni. Deswegen stellt Wirtschaftsprüfer PwC der Airline erneut eine bedingte positive Fortbestandsprognose aus; mit Nachfrist. In früheren Berechnungen ging man davon aus, dass die AUA ihren Flugbetrieb erst nach dem Sommer aufnehmen wird, jetzt peilt man eine Art Soft Opening für Juni bzw. Juli an.

All das führt auch dazu, dass das Hilfspaket, das die AUA vom Staat will, etwas kleiner wird. Bisher ging man von 767 Mio. Euro aus: 410 Mio. Euro davon Kredite, für die der Staat zu 90 Prozent garantiert. 267 Mio. Euro sollen als Eigenkapital zugeschossen werden. Nach neuesten Berechnungen geht es "nur" noch um 600 bis 650 Mio. Euro. Auch die Aufteilung dürfte sich verschieben, denn den erhofften Fixkostenzuschuss von 90 Mio. Euro wird es nicht spielen. Die EU-Kommission wird die Höchstgrenze derartiger nichtrückzahlbarer Zuschüsse generell bei 25 bis 30 Mio. Euro festzurren.

Wachstum im Gleichschritt

Bevor es das Hilfspaket aber überhaupt gibt, muss die Lufthansa-Einigung in Deutschland auf dem Tisch liegen. Darauf besteht Österreichs Regierung. Bei der von den Deutschen verlangten Standortgarantie möchte man sich am Schweizer Modell orientieren: Dort hat die Lufthansa-Tochter Swiss umgerechnet 1,4 Milliarden Euro Kredit bekommen, dafür musste sich die Lufthansa verpflichten, die Swiss-Langstrecke im Gleichschritt mit den Flughäfen München und Frankfurt hochzufahren, um das Drehkreuz Zürich zu fördern.

So eine relative Wachstumsgarantie können sich auch die Österreicher vorstellen. In der Schweiz will der Bund mit der Lufthansa zudem eine Stiftung gründen, um den Standort Schweiz zu entwickeln und klimapolitische Ziele umzusetzen.

Beteiligungsvarianten

Knackpunkt bleibt, dass die Republik Österreich sich als Absicherung an der Lufthansa beteiligen will – außer die Mutter zahlt selbst in die AUA ein. Als Alternative – die Deutschen lehnen Staatsbeteiligungen vehement ab – steht immer noch eine Beteiligung der Republik an der Österreichischen Luftfahrtholding im Raum.

Voraussetzung dafür, dass der Wirtschaftsprüfer den Fortbestand der Airline für darstellbar hält, ist abseits dessen, dass der AUA-Vorstand seinen Businessplan umsetzen kann – und der sieht Einsparungen von 20 Prozent vor. Dieser Teil des Pakets ist geschnürt: Bord- und Bodenpersonal sind bereit, rund 300 Millionen Euro einzusparen, via Produktivitätssteigerungen.

Und was geschieht 2024?

Nach 2023 – ab diesem Zeitpunkt hofft man bei der AUA, wieder auf Vor-Krisen-Niveau fliegen zu können – würden diese Sparmaßnahmen aber wieder wegfallen. Das ist einer der Gründe, warum die potenziellen Kreditgeber skeptisch sind, was die nachhaltige Genesung der Lufthansa-Tochter betrifft. Auch die Geschäftspartner der AUA wie Flughafen Wien und Austro Control sind bereit, es billiger zu geben. Beim Flughafen soll es um 30 bis 35 Millionen Preisreduktion im Jahr gehen und bei der Austro Control um rund fünf Millionen. (Regina Bruckner, Renate Graber, 18.5.2020)