In Wien gibt es 121 Citybike-Verleihstationen. Die Hälfte davon könnte bald abgebaut werden, wenn die Gewista mit der Stadt keine Einigung findet. Die Attraktivität des Leihradsystems wäre dann durch viel weniger zentrumsnahe Ausleihstationen dahin.

Foto: Gewista

Wien – Sie waren schon da, bevor der kurzfristige Leihfahrradboom mit hunderten Billigrädern Wien in den letzten Jahren erfasste. Und sie gibt es auch nach dem Fiasko von Obike und Ofo, deren Räder 2018 wieder ruck, zuck aus dem Stadtbild verschwanden, immer noch. Mittlerweile sind die Citybikes, die vom Werbeunternehmen Gewista mit gutem Draht zur Stadt Wien betrieben werden, der letzte verbliebene große Leihfahrradanbieter in der Metropole: Die Firma Donkey Republic zog sich mit ihren zuletzt 550 Drahteseln erst Ende März 2020 aus Wien zurück.

Nach STANDARD-Informationen steht nun aber auch das große Citybike-Netz vor dem Aus: Die Gewista soll der Stadt mit einem Rückzug noch vor dem Sommer gedroht haben, wie es aus gut informierten Kreisen heißt. Wie so oft spießt es sich am Geld – erst recht in der Corona-Krise. Es geht um die Übernahme von Kosten der Gewista – die zum internationalen Konzern JCDecaux gehört – durch die Stadt Wien in der Höhe von 1,1 Millionen Euro pro Jahr.

Citybikes gibt es seit 2003

Das Citybike-Verleihsystem gibt es bereits seit 2003 in Wien. Begonnen wurde vor 17 Jahren mit drei fixen Ausleihstationen und Eingangrädern. Bis 2015 wurde auf 121 Stationen und rund 1.500 Fahrräder erweitert, und die Flotte wurde modernisiert. Seither gab es keinen Ausbau mehr. Laut Gewista gibt es rund 500.000 registrierte Nutzer und rund 90.000 regelmäßige Benutzer.

Erste Stunde kostenlos

Die Räder eignen sich vor allem für kurze und mittellange Wege zwischen den fixen Stationen in der Stadt: Sie können gegen eine einmalige Anmeldegebühr von einem Euro entlehnt werden, die erste Stunde ist kostenlos. Erst danach fallen Gebühren an. Wird das Rad an einer Station zurückgegeben, ist nach 15 Minuten Pause eine weitere Gratisausleihe möglich. Laut Gewista handelt es sich bei 95 Prozent aller Ausleihen um Gratisfahrten.

Die ersten 61 Stationen, die zum überwiegenden Teil innerhalb des Gürtels zu finden sind, wurden von der Gewista mit Sponsoren gebaut. Auch die laufenden Kosten trägt die Gewista – etwa wenn Räder regelmäßig von gutbesuchten Stationen zu fast leeren Ausleihpunkten gebracht werden müssen.

Die Ausgaben für die weiteren 60 Stationen, die seit 2010 errichtet wurden, trägt hingegen vertraglich geregelt die Stadt. Offiziell werden Baukostenzuschuss und Miete samt Betriebskosten übernommen. Der laufende Aufwand, den hier die Stadt bereits zahlt, soll rund 860.000 Euro pro Jahr ausmachen.

Seit zwei Jahren wird überlegt, dass die Stadt auch die andere Hälfte des Citybike-Systems mit 60 Stationen finanzieren soll. Das wünscht sich zumindest die Gewista: Es geht um weitere 1,1 Millionen Euro jährlich für laufende Kosten.

Zuletzt Absage vonseiten des Magistrats

Erklärt sich die Stadt dazu nicht bereit, will die Gewista diese 60 großteils innerstädtischen Stationen noch vor dem Sommer deaktivieren und abbauen. Damit wäre das Citybike-Netz nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Attraktivität wäre durch große Stationsabstände und weniger zentrumsnahe Ausleihpunkte dahin. Zuletzt soll vonseiten des Magistrats eine Absage gekommen sein: Die Übernahme dieser laufenden Kosten sei mangels Rechtsgrundlage nicht möglich, hieß es.

Die Gewista will sich zu der Thematik auf Anfrage nicht äußern. Aus dem Büro der zuständigen Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) heißt es vorerst nur: "Es gibt Gespräche." (David Krutzler, 20.5.2020)