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Auch schön: Online-Yogakurs mit Ziegen.

Foto: AP Photo/Matt York

#Love, #Inspirational, #Beautiful – mit dergleichen Hashtags verzieren wir unsere Instagram-Postings, wenn wir der Welt zeigen wollen, wie gut es uns geht. Dabei sind wir natürlich extrem #thankful und wissen, dass wir super #privileged sind. Social Media haben immer schon Neidgefühle geschürt. Momentan herrscht aber geradezu ein Wettbewerb darum, wer die Corona-Krise #happier durchsteht, mehr #Qualitytime im Grünen verbringt und besser #Selfcare praktiziert. Wer es noch nicht draufhat, für den folgt jetzt ein Crashkurs im Angeben.

Um auf Instagram überzeugen zu können, muss man nur #kreativ werden.

Filter, Filter, Filter!

Ganz wichtig: Mit einem lausigen Foto hat man auch bei tollem Motiv schon verloren. Man hat gerade den atemberaubendsten #Rainbow fotografiert? Damit man neben den 5.867 anderen Personen, die gleichzeitig dasselbe Motiv posten, nicht abstinkt, muss man die Farben ordentlich zur Geltung bringen. Dafür wurden Bearbeitungsprogramme am Smartphone und Instagram-Filter schließlich geschaffen. Reale Farben will niemand sehen. Das Rot soll strahlen, bis das Auge brennt.

Sehr wichtig sind Filter auch für #Foodlover. So wird auch das zu blass gebackene Laberl mit der richtigen Bearbeitung zum krossen Brotwecken, wie ihn anno dazumal Oma auf dem Lande kredenzte. Und die Augenringe, die man auf dem Selfie hat, auf dem man mit Katze am Rücken den "hinabschauenden Hund" macht, kann man auch wegzaubern. Instagram pappt auch gleich etwas Make-up aufs Gesicht. So merken die anderen nicht, dass man davor eigentlich fünf Stunden Netflix geschaut hat.

Wenn sogar Kylie Jenner Jogginganzug trägt ... aber nicht auf Pose und Make-up vergessen!

Katzen, Kinder, Krieger

Stichwort hinabschauender Hund: Yoga kommt bei Neidern sowieso immer gut an. Wer den #Krieger in der #Natur vorführt, bekommt zusätzliche Neidpunkte von jenen, die seit Wochen vom vielen Backen das eine oder andere Kilo zugenommen haben und sich im Homeoffice im Jogginganzug nur mehr zwischen Bett, Bad, Kühlschrank und Schreibtisch bewegen. Macht aber auch nichts, denn #wereinthistogether, schon vergessen?

Katzen und Kinder sind ohnehin ein Muss. Man zeigt das #Chaos in der (perfekt aufgeräumten und geputzten) Wohnung, das die lieben Kleinen hinterlassen haben. Ist aber trotzdem immer noch eine #happyfamily. Tipp: besser für die Fotos das unbenutzte, unbehandelte Holzspielzeug im #Scandidesign hervorholen und die Plastiksachen verstecken. Katzen inszenieren sich sowieso selbst, da muss man gar nicht viel tun. Ideal natürlich, wenn man gleich eine ganze Katzenbande beim Durchstirln der Mistkübel in der Nachbarschaft antrifft – #natureishealing.

#Qualitytime mit der Familie verbringen: Bruce Willis und Demi Moore machen vor, wie das richtig geht. #FunFunFun

Die Perspektive macht's

Ja, #TinyHomes sind grad der letzte Schrei. Aber eigentlich wollen wir doch lieber mit großzügigem #Space prahlen. Der kleine Klopfbalkon schaut gleich viel luxuriöser aus, wenn man nur einen Ausschnitt zeigt. So leicht schräg, von unten im Eck fotografiert. Das morsche Holz am Boden bitte nicht zeigen. Oder einen schönen Teppich drauflegen. Und alle Pflanzen dicht zusammenstellen auf einer Seite. Dass die andere Wand kahl ist, wissen die Follower ja nicht. Irgendwo im Fotoarchiv hat man noch ein Foto vom Glas Sprudel an der Poolbar des letzten Urlaubs? Perfekt! So ein #tbt (throwback thursday) aus besseren Tagen ist auch immer eine gute Gelegenheit, darauf hinzuweisen, wo in der Weltgeschichte man schon herumgereist ist.

Tiere kommen sowieso immer gut an. Das wissen auch Justin und Hailey Baldwin Bieber.

Bonus: Bibliothek beim Videocall

Die Angeberei muss freilich konsequent durchgezogen werden und darf nicht nur auf Instagram beschränkt sein. Wer etwas auf sich hält, platziert sich beim Videocall vor einem Bücherregal. Dabei gilt es auch darauf zu achten, welche Werke hier zu sehen sind. Denn #Booklover machen einen Screenshot, vergrößern diesen und analysieren. Marcel Proust, Robert Musil, Ingeborg Bachmann, Peter Handke (man will ja auch provozieren), Elfriede Jelinek und dergleichen sind ein guter Start. Dann noch Albert Camus' "Die Pest" irgendwo lässig hervorschauen lassen und natürlich ganz viele Standardwerke aus Politik und Ökonomie. Das macht die #Analyse auf Twitter zu den wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns auch gleich glaubwürdiger.

Ausnahme: Wenn Gwyneth Paltrow vor der Kamera sitzt, muss sich dahinter keine Bücherwand befinden.

(Birgit Riegler, die ihren Instagram-Followern derzeit eh auch gerne zeigt, was in der Küche nicht verbrannt ist und welche Pflanzen nicht eingegangen sind, 23.5.2020)