Es ist nicht einfach, ein Geburtsdatum für den Quantencomputer festzulegen. Manche nennen dafür zwei berühmte Arbeiten der US-Physiker Richard Feynman (1982) und Peter Shor (1994). Das erste Konzept, wie man tatsächlich einen Quantencomputer baut, stammt aber von Ignacio Cirac und Peter Zoller. Und das wurde vor 25 Jahren veröffentlicht, wie die Fachzeitschrift "Nature Reviews Physics" würdigt.

Quantenalgorithmus zur Faktorisierung

Richard Feynman betonte in seiner 1982 im "International Journal of Theoretical Physics" veröffentlichten Arbeit "Simulating physics with computers", dass ein klassischer Computer keine quantenphysikalischen Phänomene simulieren kann, folgt doch die Natur auf kleinstem Maßstab nicht den Gesetzen der klassischen Physik ("because nature isn't classical, dammit"). 1994 präsentierte Peter Shor seinen Quantenalgorithmus zur Faktorisierung großer Zahlen und demonstrierte damit das große Potenzial eines Quantencomputers.

Im selben Jahr fragte der Brite Artur Ekert bei einer Konferenz in Boulder (USA), wie man denn einen solchen Quantencomputer bauen könnte. Im Publikum saßen damals der spanische Theoretische Physiker Ignacio Cirac und sein Innsbrucker Kollege Peter Zoller. In nur dreimonatiger, intensiver Zusammenarbeit entwickelten sie ein Modell für den Bau eines Quantencomputers. Diesen "Bauplan für einen Ionenfallen-Quantencomputer und eine schaltungsbasierte Quantencomputerarchitektur im Allgemeinen" veröffentlichten sie im Mai 1995 im Fachjournal "Physical Review Letters" unter dem Titel "Quantum Computations with Cold Trapped Ions".

Konzept

Basis ihre Konzepts sind in Fallen gefangene Ionen. Damit gab es schon einige Erfahrung, sie wurden damals bereits in Atomuhren eingesetzt. Die Wissenschafter zeigten, dass diese mit Laser gekühlte Ionen im Vakuum als Quantenbits (Qubits) verwendet werden können, um elementare quantenlogische Operationen durchzuführen. "Durch das Cirac-Zoller-Papier entwickelte sich Quantencomputing von einer kühnen theoretischen Idee zu einem experimentellen Wettlauf um den Bau eines tatsächlichen Quantencomputers", heißt es in der in "Nature Reviews Physics" veröffentlichten Würdigung.

Als Quantenbit (Qubit) wird die grundlegende Informationseinheit eines Quantencomputers bezeichnet. Während klassische PCs auf binäre Operationen setzen, also 0 oder 1, fußt ein Quantencomputer auf quantenphysikalischen Systeme wie eben Ionen. Die können – solange niemand hinschaut – nicht nur entweder 0 oder 1, sondern beide Zustände gleichzeitig einnehmen ("Superposition"). Das kann man dazu nutzen, bestimmte Berechnungen viel schneller zu lösen.

Um die Ionen zu nutzen, mussten die Physiker einen Weg finden, Information zwischen den Qubits auszutauschen. Nach mehreren Versuchen hatten sie die entscheidende Idee: Die internen Zustände der Ionen konnten über die gemeinsame Bewegung der Teilchen miteinander gekoppelt werden. "Die Idee von Cirac und Zoller ... ist einfach und elegant, und aus diesem Grund wurde sie auf anderen Plattformen übernommen", heißt es in dem Beitrag zu der wegweisenden Arbeit der beiden Physiker. Sie begründeten damit ein neues Forschungsfeld, das von der Innsbrucker Quantenphysik in den vergangenen Jahren entscheidend mitgeprägt wurde.

Cirac war von 1996 bis 2001 am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck tätig, ehe er Direktor des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in Garching bei München wurde. Zoller ist seit 1994 Professor an der Uni Innsbruck und Gründungsdirektor des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Ob Quantencomputer künftig tatsächlich nach dem Konzept der beiden Physiker gebaut werden, ist noch nicht entschieden. Denn Qubits können nicht nur mit Ionen realisiert werden, sondern auch mit Photonen, Fehlstellen in Kristallen oder supraleitenden Schaltkreisen. Welche Technologie sich künftig durchsetzen wird, wird sich erst weisen.

25 Jahre nach Veröffentlichung der Cirac-Zoller-Arbeit gebe es "trotz enormer Fortschritte immer noch technische Herausforderungen, aber ein Quantencomputer der ersten Generation scheint greifbar zu sein", heißt es in der Würdigung. Tatsächlich hat Zoller mit seinen Innsbrucker Kollegen Rainer Blatt und Thomas Monz vor einigen Jahren das Innsbrucker Uni-Spin-off Alpine Quantum Technologies GmbH (AQT) gegründet, das bis 2022 einen Quantencomputer zur Marktreife bringen will. Bereits jetzt verfügen sie über einen programmierbaren Ionenfallen-Quantencomputer mit 20 Quantenbits, den sie auch externen Forschern und Industriepartnern zugänglich machen. (APA, 19.5. 2020)