Mit dem Begriff "Kopal" bezeichnet man glasige ausgehärtete Baumharze. Sie gleichen Bernstein, sind aber deutlich jünger. Die "Madagaskar-Kopale" sind vor allem wegen ihrer zahlreichen Insekteneinschlüsse beliebte Sammelobjekte unter Fossilienfreunden. In manchen der durchscheinenden Steine sind ganze Mückenschwärme zu finden. Auch in der Wissenschaft spielen die madagassischen Kopale aufgrund dieser Inklusen eine große Rolle. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hierzu dutzende wissenschaftliche Studien verfasst und etwa 120 neue Arten beschrieben. Erstaunlicherweise wurde aber das Alter und die Herkunft der Kopale nie im Detail untersucht.

Madagaskar-Kopale sind jünger als vermutet.
Foto: Xavier Delclòs

Suche in drei Regionen Madagaskars

Dieser Aufgabe hat sich ein Team um Mónica Solórzano Kraemer vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt verschrieben. Die Wissenschafter begaben sich in drei Regionen der ostafrikanischen Insel auf die Suche nach den Kopalen und datierten diese anschließend mit der Radiokarbonmethode.

Die Ergebnisse der 14C-Datierungen lieferten eine Überraschung: Keines der untersuchten Stücke ist älter als 300 Jahre. "Die Harze stammen zudem allesamt von Animebäumen (Hymenaea), die seit dem Miozän, also einer Zeit vor etwa 5 bis 23 Millionen Jahren, auf Madagaskar verbreitet sind. Dennoch konnten wir kein einziges Bernstein- oder Kopalstück finden, dass in diese Epoche fällt", sagt Solórzano Kraemer.

Die Kopale aus Madagaskar bestehen aus Harz, das Bäumen aus der Gattung Hymenaea entstammt.
Foto: Xavier Delclòs

Insekten aus jüngster Vergangenheit

Laut der im Fachjournal "Plos One" veröffentlichten Studie können die Madagaskar-Kopale und ihre Einschlüsse demnach nicht herangezogen werden, um Rückschlüsse auf längst vergangenen Lebenswelten oder deren Veränderungen zu ziehen. Das Forscher-Team geht vielmehr davon aus, dass die bislang beschriebenen Insektenarten in einem nur wenige hundert Jahre altem Harz gefangen und konserviert wurden.

"Dennoch sind die Stücke von großem Wert – wir können mit ihrer Hilfe erkennen, wie sich die Artenvielfalt im Biodiversitätshotspot Madagaskar in den letzten 300 Jahren verändert hat und welche Arten in diesem Zeitraum schon im Zuge der starken Abholzung auf der Insel ausgestorben sind", sagt Solórzano Kraemer. "Dennoch müssen bisherigen Artbeschreibungen aus den madagassischen Kopalen unbedingt kritisch überprüft werden, um taxonomische Fehler und falsche Rückschlüsse auf paläontologische Lebensräume zu vermeiden." (red, 19.5.2020)