In Niederösterreich hat der gemeinnützige (geförderte) Wohnbau eindeutig die Nase vorn.

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Was wird derzeit in Wien und Niederösterreich gebaut, wo wird gebaut, und für wen? Um diese Fragen zu beantworten, hat der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) nun bereits zum zweiten Mal mit dem Unternehmen Exploreal zusammengearbeitet. Im Herbst präsentierte man Daten für Wien, nun hat man sich angesehen, wo in Niederösterreich derzeit besonders viele Großprojekte entstehen, und dabei Vergleiche mit der Situation in Wien gezogen.

Der auffälligste Unterschied: In Niederösterreich wird derzeit zu knapp zwei Dritteln (64 Prozent) gefördert (beziehungsweise: gemeinnützig) und nur zu gut einem Drittel (36 Prozent) gewerblich (freifinanziert) gebaut, in Wien ist es ziemlich genau umgekehrt. Konkret sind in der Bundeshauptstadt 67 Prozent der in der Pipeline befindlichen Wohneinheiten von gewerblichen Bauträgern, 33 Prozent von gemeinnützigen. Bei den freifinanzierten Wohneinheiten gibt es einen leichten Überhang des Eigentums gegenüber der Miete, im gemeinnützigen Bereich liegt das Eigentum bei nur einem Fünftel (Mietkauf et cetera), der Rest sind Mietwohnungen.

6.100 Wohneinheiten heuer in Niederösterreich fertig

Zur Pipeline im Detail: In Wien dürfte es heuer zum schon mehrmals berichteten Allzeitrekord bei den Fertigstellungen kommen: Es sollten 19.400 Wohneinheiten fertig werden, darunter 6.400 im Eigentum, 6.500 in der geförderten Miete, 5.500 als freifinanzierte Mietwohnungen. Für 2021 befinden sich 16.800 in der Pipeline, für 2022 sind es dann mit 18.300 wieder etwas mehr.

In Niederösterreich dürften heuer rund 6.100 Wohneinheiten fertiggestellt werden, für 2021 und 2022 hat man bisher 3.400 beziehungsweise 3.000 Wohneinheiten auf der Rechnung, berichteten die beiden Exploreal-Geschäftsführer Alexander Bosak und Matthias Grosse. Der gewerbliche Wohnbau konzentriert sich hier vor allem auf die Bezirke rund um Wien (Mödling, Korneuburg) beziehungsweise die Ballungszentren St. Pölten, Krems, Baden und Tulln.

Johannes Wild, Fachgruppenobmann der niederösterreichischen Immobilientreuhänder, findet es "beachtlich", dass in seinem Bundesland derzeit so viel gewerblich gebaut wird. Dennoch würde er sich einen besseren Zugang zu Wohnbaufördermitteln auch für gewerbliche Bauträger wünschen. Eine erste Öffnung fand im Vorjahr statt: Gewerbliche Bauträger können seither für größere Sanierungsprojekte abgeholt werden, das sei aber "noch nicht die große Menge an Projekten", so Wild.

Viel größere Projekte in Wien

In Wien hat ein Wohnprojekt derzeit im Schnitt 63 Wohneinheiten, davon weisen 50 Prozent nur ein oder zwei Zimmer auf, 35 Prozent haben drei Zimmer, 15 Prozent vier oder mehr. Die Durchschnittsgröße liegt bei 65,6 Quadratmetern. 91 Prozent der Wiener Neubauwohnungen weisen außerdem eine Freifläche auf (Balkon, Loggia, Terrasse, Garten).

In Niederösterreich liegt man bei 25 Wohneinheiten pro Projekt, davon 97 Prozent mit Freifläche. 37 Prozent haben drei Zimmer, 32 Prozent weisen ein oder zwei Zimmer auf, 31 Prozent haben vier oder mehr Zimmer. Die Durchschnittsgröße liegt bei 76,5 m².

Der Grundkostenanteil liegt in Wien im Schnitt bei 1.120 Euro je Quadratmeter. Für Niederösterreich hat man diesmal noch keinen Vergleichswert präsentiert, man verspricht dies aber im Herbst nachzuholen.

Diskussionspunkt Stellplätze

Interessant ist auch der Vergleich der Stellplätze: Während man in Niederösterreich bei 1,62 Pkw-Stellplätzen pro Wohneinheit liegt, sind es in Wien statistisch betrachtet nur noch 0,81 Stellplätze pro Wohnung. In Wien hätten 30 Prozent der Haushalte schon kein Auto, Tiefgaragen stünden halbleer, dabei koste ein Stellplatz mindestens 25.000 Euro in der Errichtung, bei kleineren Projekten auch mehr, betonte Michael Pisecky, der Wiener Fachgruppenobmann. Man sollte deshalb die Entscheidung, ob eine Tiefgarage errichtet wird, "für eine gewisse Zeit den Bauträgern überlassen", wiederholte Pisecky eine schon länger bestehende Forderung der Wiener Bauträger. Derzeit würden außerdem auch in den inneren Bezirken wegen fehlender Pendler wieder vermehrt Parkplätze auf den Straßen frei sein, da seien Tiefgaragen-Stellplätze noch weniger gefragt. "Und wenn man die 60 bis 80 Euro pro Monat für einen Stellplatz vermeiden kann, dann tut man das derzeit, wenn es geht." In den Flächenbezirken bestehe ohnehin praktisch kein Bedarf nach neuen Tiefgaragenplätzen, so Pisecky.

Auch in der Steiermark werde die Stellplatzproblematik zusehends ein Thema, sagte Gerald Gollenz, steirischer Fachgruppenobmann und stellvertretender Fachverbandsobmann. Manche Gemeinden in der Steiermark würden immer noch 1,5 bis zwei Stelllplätze pro Wohneinheit vorschreiben. Darüber werden man in nächster Zeit diskutieren müssen.

Gollenz kündigte weiters an, dass die Zusammenarbeit zwischen WKÖ und Exploreal demnächst auch auf alle österreichischen Bundesländer ausgeweitet wird. (Martin Putschögl, 19.5.2020)