Gerhard Berger mag Motorsportfilme prinzipiell nicht sehr, dafür kennt er sich zu gut aus. In fast jedem Film gibt es Details, die nicht stimmen, darüber kann er nicht hinwegsehen. Eine Ausnahme gibt es, Rush – Alles für den Sieg. Der Film über die Rivalität zwischen Niki Lauda und James Hunt hatte am 2. September 2013 in London Premiere, Berger marschierte hinter Lauda, der ihn eingeladen hatte, über den roten Teppich, erinnert sich: "Es war schön, als Freund zu spüren, wie sehr sich Niki über diesen Film gefreut hat."

Der Trailer zu diesem Opus magnum.
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Rush dreht sich im Kern um die Formel-1-Saison 1976. Es ist das Jahr nach Laudas erstem WM-Titel, das Jahr seines Feuerunfalls auf dem Nürburgring, das Jahr, in dem er zwei Rennen versäumt und mit drei Punkten Vorsprung ins Finale in Fuji in Japan geht. Dort regnet es in Strömen, Lauda ist das Risiko zu groß, er stellt seinen Ferrari in der zweiten Runde ab. Der Brite Hunt wird Dritter und Weltmeister, mit einem Punkt Vorsprung auf Lauda.

"Die Story dieser Rivalität ist einfach gut", sagt Gerhard Berger, "weil diese Rivalität einzigartig ist. Nie sonst sind zwei so gegensätzliche Charaktere um den Titel gefahren." Auf der einen Seite Lauda, der eiskalte Rechner, der stets das Risiko abwägt und sagt, was er denkt, auf der anderen Seite Hunt, der Playboy und Partylöwe, der das Leben in vollen Zügen genießt. Im Film wird Lauda vom Deutschen Daniel Brühl, Hunt vom Australier Chris Hemsworth dargestellt. Vor allem Brühl erhielt ausgezeichnete Kritiken und zwei Nominierungen (Golden Globe Awards 2014, British Film Academy Awards 2014).

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Niki Lauda, dem "Rush" ein Anliegen war, lud Berger zur Premiere ein.
Foto: Reuters/Foeger

Selbst wer Lauda lange und gut kannte, vermeinte, auf der Leinwand tatsächlich den Wiener vor sich zu sehen – dank Brühl, der das besondere Lauda-Englisch fast perfekt hinbekam. Berger: "Brühl hat den Niki ausgezeichnet gespielt. Aber der James, den ich ja auch noch ganz gut kennenlernen durfte, war mir im Film zu geschleckt. Der war in Wirklichkeit noch viel wilder."

Vor den und auch während der Dreharbeiten war Lauda mit Drehbuchautor Peter Morgan und auch mit Brühl immer wieder in Kontakt. "Ich habe Niki versprochen, dass er hassen wird, was ich mache", sagte Morgan später. "Ich habe großen Respekt für Niki, aber das heißt nicht, dass ich ihn einfach finde." Und weiter: "Das Besondere an ihm ist seine brutale Ehrlichkeit, er redet nichts schön. Man kann ihm dann sofort verzeihen. Vor dieser Ehrlichkeit hat man Respekt."

Gerhard Berger: "Es war schön, als Freund zu spüren, wie sehr sich Niki über diesen Film gefreut hat."
Foto: APA/DPA/UWE ANSPACH

Auch in Rush sind, motorsporthistorisch gesehen, etliche Details nicht korrekt. Sogar einige Boliden passen nicht ins Umfeld, Laudas Formel-1-Debüt wurde von 1972 auf 1973 verlegt und so weiter und so fort. Auf Helmen und Overalls sind einige Sponsoren durch Namen anderer Firmen ersetzt, die Ausrüstung für den Film zur Verfügung gestellt hatten. Daran stößt sich Berger ausnahmsweise nicht. "Mir taugt, dass erzählt wird, wie zwei völlig verschiedene Wege zum Erfolg führen können."

"Rush – Alles für den Sieg" erzählt vom Duell des Niki Lauda, gespielt von Daniel Brühl, mit James Hunt, gespielt von Chris Hemsworth.
Foto: imago sportfotodienst

Drei Filmszenen sind Berger besonders in Erinnerung geblieben. Erstens die Fahrerbesprechung, in der Lauda vor dem GP von Deutschland vergeblich auf einen Boykott des Rennens drängt, das ihm im Regen zu gefährlich erscheint. Zweitens Laudas Aufgabe in Fuji. "Dafür braucht es schon einen sehr starken Charakter. Niki hatte schließlich, auch wenn es schon sein zweiter gewesen wäre, den WM-Titel vor Augen." Die dritte Szene? Lauda fährt bei seiner späteren Ehefrau Marlene mit, die Kiste geht ein, Marlene stellt sich an den Straßenrand und streckt den Daumen raus. Ein Auto mit zwei Italienern bremst sich ein, sie zucken völlig aus, aber nicht ihretwegen, sondern weil sie Lauda vergöttern.

Für Hunt sollte der 76er-Titel der einzige bleiben, Lauda ließ seinem von ’75 zwei weitere folgen, einen 1977, einen 1984 nach einer Formel-1-Auszeit (1980–1981). Das war die Saison, in der Gerhard Berger debütierte, am 19. August im GP von Österreich. Lauda im McLaren gewann, Berger fiel kurz vor Schluss aus, wurde als Zwölfter gewertet. Acht Jahre zuvor hatte der Teenager vom Duell Lauda gegen Hunt kaum etwas mitbekommen. Er brach die Handelsschule ab, begann eine Kfz-Mechaniker-Lehre. "Die Formel 1 hat mich da noch nicht interessiert. Ich hab an meiner eigenen Motorsportkarriere gebastelt."

Hunt erlag 1993 im Alter von 45 Jahren einem Herzinfarkt. Lauda wurde 70, sein Todestag jährt sich heute, Mittwoch, zum ersten Mal. Lauda fehle ihm sehr, sagt Berger. "Er hat immer gesagt, was Sache ist. In seinen letzten vier, fünf Jahren hat er alles noch einmal bewiesen, da ist er zur Superlegende geworden. Er hat ein nicht erfolgreiches Mercedes-Team zu WM-Titeln geführt, kombiniert hat er das mit völlig neutralen Kommentaren im Fernsehen. Der verarscht uns nicht – dieses Gefühl hat Niki Lauda den Leuten gegeben." (Fritz Neumann, 20.5.2020)