Die Regierung hat einen riesigen Rettungsschirm aufgespannt, aber ist er auch dicht?

Foto: APA/Georg Hochmuth

Die Unternehmen ächzen, und mit ihnen die Arbeitnehmer. Wer seinen Job bereits verloren hat, zählt zu den unmittelbaren Verlierern der Corona-Krise. Doch auch die Einkommensverluste von Personen in Kurzarbeit sind in der Regel schmerzvoll. Die Regierung hat umfassende Hilfe versprochen: Koste es, was es wolle. Vorerst wurden 38 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, noch dazu rasch und unbürokratisch.

Doch die Umsetzung wird ziemlich unterschiedlich bewertet. Dass es zu Schwierigkeiten kommt, hat kürzlich Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer eingeräumt. Selbst wenn Maßnahmen gesetzt werden, kommen diese oft spät. Bis die Abwicklung steht und tatsächlich Geld fließt, vergeht noch mehr Zeit. "Es ist kein Wunder, dass sich viele im Stich gelassen fühlen", heißt es dazu in eine Analyse des gewerkschaftsnahen Instituts Momentum.

Hin und Her

Ein Beispiel für das bei Türkis-Grün angesiedelte Hin und Her sind die Zuschüsse für Unternehmen, die seit Mittwoch beantragt werden können. Sie werden sehnsüchtig erwartet, weil Kredite oder Steuerstundungen zwar Liquidität verschaffen, aber eine Schieflage der Bilanz nicht verhindern können. Direktes, nichtrückzahlbares Geld für die erlittenen Umsatzverluste ist für sie das Gebot der Stunde. Zu den Zuschüssen wäre der Staat laut Epidemiegesetz ohnehin verpflichtet gewesen, doch im Parlament wurde die für geschlossene Betriebe vorgesehene Entschädigung mit einem Federstrich annulliert.

Warten auf Zuschüsse

Stattdessen hat die Regierung vom Geschäftsausfall abhängige Zuschüsse beschlossen, was die Opposition von Beginn an kritisiert hat. Man habe die Ansprüche gestrichen und degradiere die Unternehmen zu Bittstellern, lautet die Kritik.

Für die Umsatzausfälle während der Schließung wären Kompensationen besonders dringlich, meinen Unternehmen.
Foto: APA / Herbert Pfarrhofer

Das Thema Zuschüsse, die bis zu 75 Prozent des Schadens ausgleichen können, zieht sich ziemlich. Sie zeigen, dass es nicht nur wegen der EU und anderer Widerstände zu Verzögerungen kommen kann, sondern wegen interner Abstimmungsprobleme. Mitte März im Parlament beschlossen, erfolgten mehrere Ankündigungen zu den Zuschüssen über die Vielzahl an Pressekonferenzen. Erst am 8. April regelte Finanzminister Gernot Blümel die Auszahlungen, die von der staatlichen Austria Wirtschaftsservice (AWS) durchgeführt werden sollten. Das Geld sollte dann ab 15. April fließen. Daraus wurde abermals nichts. Erst wurde der Start auf den 20. April, dann auf Anfang Mai verschoben.

Doppelt hält besser

Am 7. Mai verkündete Blümel, dass die Fixkostenzuschüsse am 20. Mai beantragt werden können. Allerdings nicht mehr beim AWS, sonder via Finanz Online. Nach der Prüfung durch die Finanz werden die Ansuchen auch noch von der Corona-Finanzierungsagentur Cofag unter die Lupe genommen. Die Verordnung dazu wurde erst am Mittwoch kundgemacht.

"Das wirkt unprofessionell. Nach zwei Monaten sollte man einen klaren Fahrplan erwarten dürfen", sagt der Rechtsanwalt und Steuerberater Dimitar Hristov, Partner der Rechtsanwaltskanzlei DLA Piper. Für Verzögerungen sei auch nicht die von der Regierung vielgescholtene EU-Kommission verantwortlich.

Die Stundungen sind bisher unbürokratisch und effektiv.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Auch bei anderen Instrumenten läuft die Unterstützung der Betriebe nicht immer reibungslos. Das gilt vor allem für Kreditgarantien und den Härtefallfonds, der besonders stark in der Kritik steht.

  • Kreditgarantien
    15 Milliarden Euro an Kreditgarantien wurden in Aussicht gestellt: ganz schön viel Geld. Doch von Anfang an gab es Probleme mit der Abwicklung. Viele Banken scheuen trotz staatlicher Absicherung vor dem Risiko zurück. Das soll sich in der Zwischenzeit verbessert haben, doch es gibt noch andere Schwierigkeiten. Tausenden Betrieben steht die Hilfsaktion gar nicht zur Verfügung, weil sie nicht als gesund gelten, beispielsweise weil ihr halbes Stammkapital durch Verluste aufgezehrt wurde. Da nützt es auch nicht, wenn das Minus länger zurückreicht und mittlerweile Gewinne geschrieben werden. Bisher sind von der Finanzierungsagentur Cofag 15.800 Anträge mit einem Haftungsvolumen von 2,7 Milliarden Euro bewilligt worden. Selbst wenn die Garantien jetzt in Schwung kommen: Die Öffentlichkeit wird voraussichtlich nicht erfahren, wer gefördert wird. Vorgesehen ist, dass die Opposition zumindest bei größeren Haftungsfällen über einen Cofag-Beirat eingebunden wird. Allerdings lehnen das SPÖ, FPÖ und Neos ab. Sie fordern die Einrichtung eines Unterausschusses im Parlament. Doch auch wenn der kommen sollte: Mit der Bekanntgabe von Hilfen für einzelne Betriebe ist nicht zu rechnen. Bleibt der Rechnungshof als Kontrollinstanz, der aber auch keine Geschäftsgeheimnisse privater Firmen veröffentlicht.

  • Härtefallfonds
    Viele kleine Unternehmen und Selbstständige fühlen sich im Stich gelassen. Der Härtefallfonds hat nicht jene Unterstützung gebracht, den sich diese Betriebe und Personen erwartet haben. Bei der ersten pauschalen Hilfe von 1000 Euro kamen viele wegen Unter- und Obergrenzen beim Verdienst nicht zum Zug, zudem Mehrfachversicherte. In der zweiten Phase, in der es bis zu 2000 Euro pro Monat gibt, waren zahlreiche Unternehmer wegen der Orientierung der Ansprüche am durchschnittlichen Verdienst pro Monat im Vorjahr empört. Viele machen nämlich das Geschäft vorrangig im April, Mai oder Juni, weshalb Durchschnittswerte kritisiert wurden. Generell ist der Unmut bei Einpersonenunternehmen groß, weil die Zuschüsse als gering empfunden werden. Sie machten bisher im Schnitt 1046 Euro aus. 160 Millionen Euro sind von der die Auszahlung abwickelnden Wirtschaftskammer an 153.000 Selbstständige geflossen.

  • Stundungen
    Eine Krisenhilfe, die rasch, unbürokratisch und umfassend gewährt wird, ist die Stundung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Mit Stand Mitte Mai wurden von den Finanzämtern schon 230.000 Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen und Steuerstundungen genehmigt. Dadurch kam es laut Finanzministerium zu einem Liquiditätsvorteil der Unternehmen und Selbstständigen in der Höhe von 5,5 Milliarden Euro. Dazu kommt das gleiche Prozedere bei der Sozialversicherung. Überdies wurden im Zollbereich 108 Millionen Euro an Abgaben gestundet. Dass der Aufschub von Zahlungen das Gebot der Stunde ist, zeigt sich auch bei den Banken, die zahlreiche Kreditstundungen vorgenommen haben. Die Maßnahmen bringen zwar war eine Schonfrist, allerdings auch das Problem, dass die Zahlungen nur nach hinten verschoben werden. Zumindest bei den Steuern wird auch mit Nachlässen gerechnet. (Andreas Schnauder, 21.5.2020)