Die Schulschließungen haben bestehende Probleme verschärft.

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Wir fahren auf Sicht: Dieses Motto hat sich die Regierung in der Corona-Krise selbst verordnet. Die Covid-19-Pandemie sei eben absolutes Neuland, auf dem man mit langfristiger Planung nicht weit komme.

Für jene Schwierigkeiten, vor die der Lockdown die Schulen stellte, gilt diese Entschuldigung nur begrenzt. Zwar waren auch Schulschließungen und Homeschooling neue Erfahrungen. Doch Corona hat die Politik nicht vor ein unbekanntes Problem gestellt, sondern Schwächen verschärft, die altbekannt sind: Das heimische Schulsystem funktioniert nur für jene Kinder wirklich gut, die vom Elternhaus die nötige Unterstützung erhalten.

Dass die Corona-Krise – wie Lehrer in einer IHS-Studie einschätzen – benachteiligte Schüler weiter zurückwarf und die soziale Kluft in den Schulen wachsen lässt, ist eine logische Folge. Beim Unterricht zu Hause fällt es besonders ins Gewicht, wenn etwa das Geld für einen tauglichen Laptop fehlt oder die Eltern nicht gut Deutsch sprechen.

Lösungen sind ebenso bekannt. Für virusfreie Zeiten bietet sich die Ganztagsschule an, die Kinder aus dem ungünstigen Umfeld reißt. Auch in der Pandemie helfen würde mehr Unterstützungspersonal, vom Psychologen bis zum Schülercoach. Auf dem ideologischen Minenfeld der Schulpolitik ist dies eine der wenigen Forderungen, die Akteure von links bis konservativ teilen. Dass die Politik den Bedarf nie befriedigt hat, rächt sich immer wieder von Neuem. (Gerald John, 22.5.2020)