Donald Trump mit einem Diagramm. Diese sind seinen Briefings oft beigelegt, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken.

Foto: Imago / UPI

Washington – Kurze Sätze, wenig Papier und viele Bulletpoints, die sich nicht über mehr als eine Seite erstrecken: So, berichteten US-Medien schon seit dem Amtsantritt Donald Trumps 2017, muss das tägliche Geheimdienstbriefing des US-Präsidenten aussehen, um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen. Das hat sich seither nicht verändert, berichtet nun die "New York Times", obwohl die Geheimdienste mittlerweile sogar externe Berater eingestellt hätten, die Informationen möglichst zugänglich aufbereiten sollen. Im Gegenteil: Der US-Präsident lese das Briefing mittlerweile nur noch selten. Wenn man ihn mündlich informiere, stelle er den Angaben seiner Mitarbeiter Berichte aus konservativen Medien oder von Twitter-Stars entgegen, die seinem Weltbild eher entsprechen.

Das könnte zu fatalen Fehleinschätzungen des Präsidenten in der aktuellen Corona-Krise beigetragen haben. So behauptet Trump seit Wochen, man habe ihm im Jänner gesagt, das Virus sei "keine große Sache". In dieser Form sei das, so behaupten zehn anonyme Quellen laut dem "NYT"-Bericht, aber sicher nicht gesagt worden – im Gegenteil habe es seit Mitte Jänner Warnungen vor einer Krise in den USA und in der Welt gegeben, im Februar hätten sich diese noch einmal deutlich intensiviert.

Diktatoren und Satellitenbilder

Es sei aber möglich, das Trump das, was er sage, wirklich glaube, weil er nur Informationen aus dem Briefing mitgenommen habe, die er gerne höre. Der Präsident "nimmt Informationen, die seinem Weltbild widersprechen oder nicht seine Meinung abbilden, selten auf", heißt es in dem Artikel. Mindestens ein Mitarbeiter der Geheimdienste, der für die Information des Präsidenten zuständig sei, habe mittlerweile seinen Job hingeschmissen. Externe Berater, die engagiert worden seien, um Informationen Trump-freundlich aufzubereiten, hätten nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Beth Sanner, die nun für Trumps Briefings zuständige Mitarbeiterin, hat laut der Zeitung einen neuen Zugang versucht. Statt Trump Fakten vorzutragen, schaffe sie Anknüpfungspunkte zu jenen Dingen und Personen, für die Trump Interesse gezeigt hat. So würden nun Informationen über das Ausland meist mit wirtschaftlichen Daten, die etwa Trumps Firmen betreffen können, verbunden. Themen aus anderen Staaten werden mit Geschichten zu ausländischen Staats- und Regierungschefs verflochten, für deren Persönlichkeit sich der Präsident interessiere: autoritäre Staatschefs wie der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi, Nordkoreas Diktator Kim Jong-un oder Chinas Präsident Xi Jinping. Zudem schaue sich Trump gerne Satellitenbilder und Diagramme an, weshalb diese den Briefings nun oft beigelegt seien.

Kein Vertrauen

Neben der Aufmerksamkeitsspanne gebe es aber auch ein Problem beim Vertrauen des Präsidenten in die Geheimdienste. Besonders wenn es um Russland und dessen mögliche Einmischung in die US-Wahlen gehe, widerspreche der Staatschef den ihm präsentierten Informationen häufig. Das habe auch dazu geführt, dass diese nun seltener in seinen Briefings vorgetragen werden, um die Aufmerksamkeit Trumps für andere Themen nicht zu gefährden.

Zwei Anhänger des Präsidenten treten den Darstellungen in dem Bericht der "New York Times" allerdings entgegen. Richard Grenell, Botschafter in Deutschland und aktuell auch geschäftsführender Geheimdienstdirektor, sagt, Trump gehe es darum, die Informationen der Geheimdienste durch "Perspektiven aus der echten Welt zu ergänzen". Sicherheitsberater Robert O'Brien vergleicht Trump mit einem "wie ein Laser fokussierten" Richter, der seine Mitarbeiter einer kontradiktorischen Vernehmung aussetze. Der Präsident stelle "gelegentlich auch gute Fragen", gestehen dazu die Mitarbeiter der Geheimdienste ein, die die "New York Times" als Quelle für ihren Bericht angibt. (mesc, 22.5.2020)