Gesundheitsminister Anschober weist die Vorwürfe, Warnungen nicht weitergeleitet zu haben, zurück.

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Innsbruck/Wien – Nachdem DER STANDARD am Mittwoch über E-Mails mit Warnungen aus mehreren EU-Ländern zu Corona-Infektionen in Ischgl berichtet hatte, die über das EWRS-Frühwarnsystem an das Gesundheitsministerium ergangen seien, behauptete das Land Tirol, davon nichts gewusst zu haben. Nach eingehender Prüfung aller Meldungen, die über dieses System hereinkamen, hat das Ministerium nun am Freitag den Vorwurf aus Tirol zurückgewiesen: "Alle für die Arbeit des Kontaktpersonenmanagements der Tiroler Behörden relevanten internationalen Informationen wurden den Tiroler Behörden übermittelt."

In einer Anfragebeantwortung erklärt das Ministerium, dass zwischen 3. März und 14. März insgesamt 21 Meldungen aus Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Norwegen und den Niederlanden mit konkreten Daten und Hinweisen zu bestätigten Covid-19 Fällen beziehungsweise zu Kontaktpersonen zu bestätigten Covid-19 Fällen an die Tiroler Gesundheitsbehörden weitergeleitet worden seien.

Chronologie der Meldungen

Bereits am 5. und 6. März, so das Ministerium, seien die Landessanitätsbehörden in Tirol – wie bereits bekannt – über mehrere in Island diagnostizierte Fälle mit Tirol-Bezug informiert worden. Am 8. März sei, wie ebenfalls bekannt, eine Weiterleitung einer diesbezüglichen Meldung aus Dänemark an die Landessanitätsdirektion Tirol erfolgt. Am 9. März sei die Landessanitätsbehörde Tirol über in Norwegen positiv an Covid getestete Reiserückkehrer informiert worden.

Am 11. März sei eine weitere Meldung über 82 an Covid-19 erkrankte Urlauber aus Dänemark, von denen unter anderem 21 die Bar "Kitzloch" besucht hatten, aus dem Gesundheitsministerium an das Land Tirol ergangen. Diese sei im Laufe desselben Tages noch einmal von Dänemark präzisiert worden, genaue Aufenthaltsorte wie Bars und Restaurants seien bekanntgegeben und aus dem Gesundheitsministerium ebenfalls an die Landessanitätsbehörden in Tirol weitergeleitet worden.

Zahlreiche Fälle waren bekannt

Aus dem epidemiologischen Meldesystem (EMS) gehe hervor, erklärt das Gesundheitsministerium, dass bis zum 12. März den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden in Tirol bereits 150 bestätigte Covid-19 Fälle bekannt gewesen seien. Die Zahl habe sich innerhalb eines Tages um weitere 60 Fälle auf 210 erhöht. Betroffen gewesen seien zu dieser Zeit bereits Personen aus über 25 Nationen, positiv getestet in Tirol.

Weitere über das EWRS erfolgte Einmeldungen über Einzelfälle ohne konkrete Informationen zu Personendaten, Aufenthaltsorten, Kontaktpersonen seien ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vom Gesundheitsministerium an Landessanitätsbehörde weitergeleitet worden, da ohne diese fehlenden Informationen eine Quellensuche oder eine Kontaktpersonennachverfolgung unmöglich gewesen sei.

EU-Kommission prüft, ob Dänemark Vertraulichkeit verletzt hat

Der E-Mail-Verkehr zwischen dem Ministerium, der Tiroler Landessanitätsbehörde sowie den EWRS-Teams mehrerer Länder wurde dem STANDARD von Journalist und Blogger Kurt Krickler zur Verfügung gestellt. Er hat diese Unterlagen durch eine Anfrage in Dänemark erhalten, wo Informationsfreiheit gilt und diese Akten auf Verlangen ausgehändigt werden.

Doch wie das Gesundheitsministerium nun bekanntgab, werde die EU-Kommission prüfen, ob Dänemark mit der Herausgabe der E-Mails gegen die verpflichtende Vertraulichkeit verstoßen habe. Denn die Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, das EWRS-Frühwarnsystem vertraulich zu nutzen, um personenbezogene Daten zu schützen. In den Unterlagen, die dem STANDARD vorliegen, sind aber keine personenbezogene Daten enthalten. (Steffen Arora, 22.5.2020)