Am 15. Mai hat Ulrike Lunacek ihren Rücktritt als Staatssekretärin für Kunst und Kultur bekanntgeben.

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Es ist sehr viel Lob zu lesen in dem Brief an die Staatssekretärin a.D., Ulrike Lunacek. 80 Parteikolleginnen haben den Brief, der dem STANDARD vorliegt, unterschrieben. Es ist kein offener Brief, sondern eine Anerkennung an Lunacek, aber auch eine Kritik am Umgang mit ihr, der – so ist dem Schreiben zu entnehmen – womöglich auch ihrem Frausein geschuldet ist.

Sie habe als Außen- und Europapolitikerin, als Feministin und Kämpferin für Frauen- und Menschenrechte für ein geeintes Europa und progressives Österreich gekämpft und habe als erste offen lesbische Nationalratsabgeordnete Österreichs und als Gründerin der "Grünen Andersrum" maßgeblich an der "Sichtbarkeit von Lesben in der Politik beigetragen", heißt es in dem Brief weiter. Lunacek habe in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten für die "Partei alles gegeben". Im Zuge dessen wird in dem Schreiben Unverständnis am Umgang mit Lunacek geäußert, sowohl von den Grünen selbst als auch von Regierungsseite.

Sich duckende Funktionär*innen

Lunacek habe sich 2017 "in einer schwierigen Phase als Spitzenkandidatin zur Verfügung gestellt" heißt es in dem Schreiben, das unter anderem Sybille Hamann, Meri Disoski, Ewa Ernst-Dziedzic, Ingrid Felipe, Birgit Hebein oder Monika Vana unterschrieben haben. "Für das schmerzhafte Wahlergebnis hast du parteiintern wie auch öffentlich die Konsequenzen getragen, während sich andere hochrangige Parteifunktionäre damals vor der Verantwortung wegduckten."

Damit kommen die 80 Frauen auch zu ihrer Funktion als Staatssekretärin für Kunst und Kultur. Nach "Kritik, Spott und Häme aus der Kunst- und Kulturszene sowie von oppositionellen Politikern", habe Lunacek mit ihrem Rücktritt auch selbst Fehler eingestanden. Mit dem Rücktritt habe sie auch Verantwortung für etwas übernommen, das sie strukturell nicht allein zu verantworten hätte. "Die prekäre Lebenssituation" von Künstler*innen sei ein seit Jahrzehnten "gewachsenes und von keiner Vorgängerregierung gelöstes Strukturproblem". In der jetzigen Krise zeige sich das besonders, heißt es in dem Brief weiter.

Angriffe aus den "eigenen Reihen"

Der Beschluss zu den NPO-Fonds, die auch für Kunst- und Kulturvereine finanzielle Unterstützung bringen sollte, kam offenbar zu spät, "die Kritik brach nicht mehr ab". Hinzugekommen sei die "mangelnde Unterstützung einiger Regierungskolleg*innen" und "zuletzt Angriffe aus den eigenen Reihen".

Zum Schluss zitieren die Grünen-Frauen in dem Brief auch jemanden aus eben der Kunst- und Kulturszene, von der sie "nicht gerade herzlich empfangen" worden sei, wie es darin heißt. Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere: "Dass nun eine Frau den politischen Schaden davonträgt, ist höchst bedauerlich, aber leider wohl strukturell signifikant in einer Zeit wie dieser". (Beate Hausbichler, 23.5.2020)