Der 100-jährige Spendensammler wurde zum Ritter geschlagen.

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Fassungslos haben die Briten in den vergangenen Wochen zuschauen müssen, wie die Corona-Epidemie besonders in Alten- und Pflegeheimen gewütet hat. Vielleicht haben sie gerade deshalb einen sehr betagten Mitbürger ins Herz geschlossen, ja zum Helden gemacht.

Dabei wehrt Thomas Moore, 100 Jahre alt, alle Stilisierungen durch die moderne Medienwelt bescheiden ab. Gewiss hat er im Zweiten Weltkrieg seinem Land gedient und später Soldaten ausgebildet, ehe er die Armee als Hauptmann verließ – alle Welt nennt ihn deshalb "Captain Tom". Aber das ist lange her.

Mittlerweile lebt der alte Herr auf dem stattlichen Anwesen seiner Tochter in der Grafschaft Bedfordshire. Gemeinsam kamen sie in der Karwoche auf eine hübsche Idee: Zur Feier seines runden Geburtstages am 30. April werde der Jubilar seinen Rollator 100 Mal im Garten auf und ab schieben, jeweils 25 Meter lang. An die Öffentlichkeit erging ein Spendenaufruf für das Nationale Gesundheitssystem NHS, 1000 Pfund (1149 Euro) sollten zusammenkommen.

Damit hatten Veteran und Tochter die Spendenfreude der Briten aber unterschätzt. Binnen einer Woche gingen mehr als zwölf Millionen Pfund auf der Just Giving-Website eingegange. Eine "absolut fantastische Summe", wie der Ex-Soldat, fein gekleidet im blauen Blazer mit seinen Militärorden, im glasklaren Queen’s English mit einem Hauch seiner nordenglischen Heimat Yorkshire zu Protokoll gab. Inzwischen sind es 32,8 Millionen geworden; und erste Auszahlungen der Thomas Moore-Stiftung kommen bereits Wohltätigkeitsorganisationen zugute, die sich um die Angestellten und Patienten von NHS-Einrichtungen kümmern.

Mehr als eine Million unterschrieben Petition

Diese Woche zollten Politik und Monarchie dem Phänomen Tribut: Wie von einer Petition mit mehr als einer Million Unterzeichnern verlangt, wurde der mittlerweile bereits zum Oberst ehrenhalber ernannte Rollator-Sportler zum Ritter geschlagen. Er werde das mit einem John Collins feiern, teilte der Geehrte den Medien mit, einem weitgehend in Vergessenheit geratenen Longdrink aus Gin, Zitronensaft und Zucker.

Für die Zukunft nach der Pandemie gab Sir Tom mit der ganzen Gelassenheit und Erfahrung seiner Generation den Landsleuten noch ein wenig Ermutigung mit auf den Weg: "Nach dem Sturm kommt wieder blauer Himmel, und die Lerchen singen. Daran sollten wir festhalten." (Sebastian Borger, 22.5.2020)