Liveticker: Borussia Dortmund vs. Bayern München, Di., 18.30 Uhr

München/Wien – Unbekümmerter Shootingstar gegen abgezockten Routinier: Im ewig jungen Klassiker zwischen Borussia Dortmund und Bayern München treffen erstmals die beiden "Tormaschinen" Erling Haaland (19) und Robert Lewandowski (31) aufeinander. Das große Generationen-Duell der Torjäger könnte am Dienstag (18.30 Uhr/Sky) im Kampf um die deutsche Bundesliga-Meisterschaft der ausschlaggebende Faktor werden, die beiden Ausnahmestürmer stehen im Scheinwerferlicht.

Lewandowski hatte für seinen jungen Herausforderer aus Norwegen zuletzt lobende Worte übrig. Haaland habe "riesiges Potenzial, aber auch noch Zeit", sagte der polnische Rekordnationalspieler: "Wenn er hart arbeitet, kann er ein besserer Spieler werden und irgendwann das Top-Level erreichen."

Tore am Fließband

Seit seinem Wechsel im Januar von RB Salzburg ins Ruhrgebiet für 20 Millionen Euro sorgt Haaland aber bereits laufend für Furore. In seinen ersten 13 Pflichtspielen für den BVB erzielte er 13 Tore. Bayerns Lebensversicherung Lewandowski kommt indes sogar auf eine noch bessere Quote: In der Liga ist er mit 27 Treffern aus 25 Partien auf dem besten Weg zu seiner fünften Torjägerkrone.

Seine Tore sorgen nicht nur bei Vollstrecker Lewandowski für gute Laune.
Foto: imago / Peter Schatz / Pool

Die Qualitäten der beiden Mittelstürmer liegen trotz vieler Gemeinsamkeiten in unterschiedlichen Bereichen. Während Lewandowski bereits sechsmal mit dem Kopf erfolgreich war und meist im Strafraum lauert, trifft der 1,94 m große Konterstürmer Haaland bisher ausschließlich mit dem Fuß. Ottmar Hitzfeld ist sich aber sicher, dass Haaland "ein zweiter Lewandowski werden" kann, wie der ehemalige Bayern- und BVB-Trainer dem kicker sagte.

Auch Rio-Weltmeister Bastian Schweinsteiger ist von Haaland angetan. "Ihm traue ich sehr viel zu. Er ist ein sehr unbekümmerter junger Spieler, der die Gier hat, jemandem mit Toren und in Zweikämpfen wehzutun", sagte der ARD-Experte.

Hymne im Auto

Im Auto hört Haaland gern die Champions-League-Hymne – sein Lieblingslied – auf voller Lautstärke, es ist das ganz große Ziel des exzentrischen aber oft wortkargen "Winner-Typen" (BVB-Sportdirektor Michael Zorc).

Lewandowski hat die CL-Hymne wohl schon öfter gehört, der Gewinn des Henkelpotts fehlt dem 31-Jährigen aber noch in seiner Vita. Erst einmal stand Lewandowski im Finale der Königsklasse, 2013 hatte er sich mit dem BVB den Bayern im Wembley-Stadion beugen müssen. Deswegen sieht Schweinsteiger seinen ehemaligen Teamkollegen in der Pflicht. "Er muss jetzt zeigen, dass er mit der Mannschaft die Champions League gewinnen kann, in den nächsten ein, zwei, drei Jahren. Er braucht die Champions League", sagte der 35-Jährige.

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Seine Treffer erfreuen nicht nur Haaland.
Foto: AP/Martin Meissner

Viele Treffer in der Königsklasse

In der Königsklasse zeigten die beiden bereits, dass sie in dieser Saison zu den allerbesten Torjägern Europas gehören. Lewandowski (11 Tore) führt die Torschützenliste vor dem bereits ausgeschiedenen Haaland (10) an, als einzige Spieler erzielten sie mehr als sechs Treffer.

Zunächst steht für das Duo aber der Bundesliga-Alltag auf dem Programm, für Lewandowski geht es um den sechsten Meistertitel in Serie mit den Bayern – den achten insgesamt. Der BVB ist vor allem dank Haaland der große Jäger, der Norweger steht gegen den Rekordmeister vor der nächsten Bewährungsprobe.

Zu den derzeit besten Mittelstürmern der Welt zählt Haaland für Lewandowski allerdings noch nicht: "Wenn wir von Neunern sprechen, würde ich sagen: Karim Benzema, Timo Werner, Luis Suarez, Sergio Agüero und Kylian Mbappe." Haaland fehlt in dieser Aufzählung, am Dienstag könnte er aber weitere Argumente sammeln.

Dortmund unter Zugzwang

"Man muss kein großer Prophet sein: Wenn wir um die Meisterschaft mitspielen wollen, sollten wir das Spiel gewinnen. Das ist einfach, aber in der Umsetzung natürlich schwierig", sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc und forderte vor dem Spiel des Jahres: "Wir müssen an uns glauben, wir können sie schlagen." Sollten sie auch: Der BVB ist bei vier Punkten Rückstand auf den großen Rivalen zum Siegen verdammt, um im Saisonendspurt noch eine Chance auf den ersehnten Titel zu haben.

In der Hinrunde hatten die Münchner beim Einstand von Trainer Hansi Flick die Verhältnisse beim 4:0 eindrucksvoll zementiert. Und nun? "Wir sind besser geworden. Wir spielen mit einem anderen System und haben mehr Präsenz", betonte BVB-Coach Lucien Favre. Man habe, ergänzte Zorc, in Emre Can und Haaland im Winter zwei "Winner-Typen dazu bekommen".

Die haben die Münchner zuhauf, weshalb Flick und sein Team am Montag aus einer "Position der Stärke" nach Dortmund aufbrachen. Der FC Bayern werde zeigen, kündigte der aktuell starke Thomas Müller an, "dass wir auch ohne Zuschauer extrem leidenschaftlich Fußball spielen können". Man wolle "mit einem Lächeln aus dem Stadion fahren".

Fokus auf das Wesentliche

Dass die Partie zwar weltweit vor den TV-Geräten für großes Interesse sorgen wird, der Signal-Iduna-Park inklusive legendärer gelber Wand aber gespenstisch leer sein wird, interessiert den Bayern-Coach dabei nicht: "Man muss die richtige Mentalität haben. Es gibt keine Entschuldigung, es geht darum, das Spiel zu gewinnen." Seine Stars, die in 2020 noch ungeschlagen sind, haben die Botschaft offenbar verstanden. "Wir werden alle heiß sein", versprach Leon Goretzka.

Verzichten müssen die Münchner in Dortmund auf den nach wie vor angeschlagenen Mittelfeld-Motor Thiago. Dafür hat Jerome Boateng seine Muskelprobleme überwunden. Die Borussia kann auf Mats Hummels bauen. Der Abwehrchef stehe "zu 99 Prozent" zur Verfügung, sagte Favre. (sid, 25.5.2020)