Gesundheitsminister Anschober und Kulturstaatssekretärin Mayer präsentierten Lockerungspläne ab 29. Mai.

Foto: APA

Würde das kulturpolitische Personal der Bundesregierung dieser Tage ein Stück aufführen, wäre es vielleicht Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Denn im Gegensatz zur bereits legendär gescheiterten Pressekonferenz von Vizekanzler Werner Kogler und Ulrike Lunacek – der Anfang ihres Rücktritts als Kulturstaatssekretärin –, lief es diesmal gänzlich ohne Gesichtsverlust.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und die neue Staatssekretärin Andrea Mayer präsentierten die Details der anstehenden Wiederöffnungen von Kunst- und Kulturveranstaltungen klar strukturiert und allgemein verständlich. Ein weiterer Aufschrei der Branche ist nach diesen Ankündigungen nicht zu erwarten.

Und selbst wenn, so signalisierte Mayer, würde man ab sofort genauer auf die Probleme hinhören und rasch nach individuellen Lösungen suchen. Die groben Parameter unter denen im zweiwöchigen Öffnungsstufenplan der Regierung ab 29. Mai nun auch Kunst- und Kulturveranstaltungen wieder möglich werden, waren bereits bekannt. Nun wurden weitere offene Fragen geklärt:

  • Ab 29. Mai dürfen indoor wie outdoor Veranstaltungen mit bis zu 100 Sitz- oder auch Stehplätzen stattfinden. Diese Obergrenze wird in drei monatlichen Schritten angehoben. Für alle Öffnungsschritte gilt als Faustregel ein Meter Abstand zwischen jeder Person oder – und das ist neu – ein freier Sitzplatz links und rechts davon. Möglich wird dadurch die Anordnung im Schachbrettmuster, wie es viele Kulturveranstalter für sinnvoll erachten. Helfen soll dies jenen Einrichtungen – etwa kleinen Theatern – für die sich die Einmeter-Regel wirtschaftlich nicht rechnen würde.

Stehpublikum bleibt weiterhin nur bis 100 Personen erlaubt. Allerdings dürfen nun auch Clubs und Discotheken unter diesen Bedingungen wiederöffnen.

  • Ab 1. Juli sollen indoor bis zu 250 Personen sitzend möglich werden, outdoor bis zu 500 Personen.

  • Ab 1. August wird indoor auf 500 Personen und bis zu 1.000 Personen bei Vorliegen eines genehmigten Covid-19-Sicherheitskonzeptes angehoben. Outdoor dürfen 750 Personen im Publikum sitzen, mit Konzept sollen dann bis zu 1.200 Besucher erlaubt sein. Gezählt werden dabei ausschließlich Besucher, kein künstlerisches und organisatorischer Personal.

  • Maskenpflicht wird es im Generellen weder auf den Bühnen noch im Publikum geben, vorausgesetzt, die Einmeterregel kann eingehalten werden. Beim Schachbrettmuster allerdings werden Masken im Publikum vorgeschrieben. Mayer hielt dazu fest, dass dieses Bild einer Kulturveranstaltung "natürlich nicht" jenes sei, "das wir uns wünschen", aber: "Halbwegs gut besuchte Veranstaltungen mit Maske sind besser als leere Veranstaltungen ohne Maske." Es sei dies der "beste Kompromiss" zwischen gesundheitlichen Aspekten und dem Ermöglichen von Kunst und Kultur.

  • Pausen und Buffets werden unter Einhaltung der Abstandsregeln ebenfalls erlaubt. Man habe sich generell an den bereits erfolgten Lockerungsmaßnahmen für die Gastronomie orientiert, die beiden Bereiche gehörten "ja auch irgendwie zusammen. Kultur und Gastronomie sind wesensverwandt", so die Staatssekretärin.

Dadurch werden auch weitere Ausnahmen möglich: Konkret sollen wie im Restaurant nun auch bei Kulturevents bis zu vier Erwachsene aus verschiedenen Haushalten oder Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, ohne Abstand beieinandersitzen können. In der Praxis wird dies wohl beim Kartenkauf mitbedacht werden müssen und von den Kultureinrichtungen individuell umgesetzt.

  • Proben, Drehs und das Bühnengeschehen sollen prinzipiell ohne Einschränkung möglich werden, allerdings setze man hier auf die Eigenverantwortung der Institutionen, Künstler und Veranstalter, selbstständig auf Wahrung größtmöglicher Sicherheit zu achten. Unterschritten dürfe der Einmeter-Abstand dennoch nur dort werden, wo dies für die Ausübung des Berufs nicht möglich ist. Für Laienkultur – Chöre, Musik- oder Theatervereine – werden dieselben Bestimmungen gelten wie für Profis, vom Gesundheitsministerium wird es aber in Abstimmung mit etwa den Blasmusikverbänden Schutzempfehlungen geben.

Eine "Lex Kulturveranstaltungen" müsse man dabei juristisch vermeiden, so Anschober, weswegen die Lockerungen auch für andere Veranstaltungen gelten werden. Genaueres zu Hochzeiten etc. werde es noch geben, die Novellierung der Verordnung sei noch in der Endausarbeitung.

Mehrfach betonten sowohl Anschober als auch Mayer, dass die Pandemie nicht besiegt sei und alle Lockerungen nur unter Vorbehalt stattfinden könnten. Mitte Juni werde man daher evaluieren und "hoffentlich", so Mayer, schon eine Perspektive geben können, wie es ab Herbst weitergeht.

Bezüglich Finanzhilfen oder auch Ausfallkompensationen für die Kulturbranche bat Mayer noch um Geduld. Man arbeite daran. (Stefan Weiss, 25.5.2020)