Wird der Baustellenbetrieb später als notwendig wiederaufgenommen, kann Anspruch auf Schadenersatz entstehen.

Foto: APA / Herbert P. Oczeret

Wie fast alle Bereiche des Wirtschaftslebens, blieb auch die Bauwirtschaft von den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie nicht verschont. Der Betrieb zahlreicher Baustellen wurde (vorübergehend) eingestellt, um nicht gegen die von der Regierung beziehungsweise dem Gesetzgeber erlassenen Bestimmungen zu verstoßen. Nunmehr sollen Bautätigkeiten vielfach wiederaufgenommen werden, zumeist mit erheblichen Mehrkosten für die tätigen Bauunternehmen.

Bei einem Neustart einer unterbrochenen Bautätigkeit sind die einzuhaltenden Auflagen, die zu tiefgreifenden Einschränkungen bei der Bautätigkeit führen können, zu beachten – etwa der einzuhaltende Sicherheitsabstand von einem Meter sowie das Tragen von Mund-Nasen-Schutz. Für Bauunternehmen stellt sich in dieser schwierigen Zeit die Frage, wie es weitergeht, insbesondere muss eine wirtschaftliche Abwägung zwischen Mehraufwand durch Baustellenfortführung beziehungsweise Neustart und einer möglichen Baueinstellung erfolgen.

Es ist jedoch Vorsicht geboten: Wird eine Bautätigkeit ungerechtfertigterweise nicht wiederaufgenommen, können Schadenersatzansprüche, Pönale oder Vertragskündigungen die Folge sein. Bei einer möglichen Wiederaufnahme der Bautätigkeit sind eine klare Zuständigkeit für das Implementieren der Covid-19-bedingten Auflagen sowie der Aufbau eines Dokumentationssystems hinsichtlich Mehrkosten aufgrund von Bauverzögerungen jedenfalls ratsam.

Vielleicht doch keine "höhere Gewalt"

Kann das Bauprojekt nicht fortgesetzt werden, ist eine funktionierende Kommunikation zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber essenziell. Dabei ist professionelle Unterstützung, auch im Hinblick auf teilweise rechtlich sehr komplexe Sachverhalte, zu empfehlen. Da die gegenwärtige Krise nun bereits seit einigen Monaten besteht, könnte dem Bauunternehmer nämlich unter Umständen vorgeworfen werden, dass keine höhere Gewalt vorliegt, sondern dieser "seine" Baustelle nicht früh genug den derzeitigen (und seit längerer Zeit bekannten) Umständen angepasst hat.

Zum Thema Pönale kommt außerdem das neue zweite Covid-19-Justizbegleitgesetz ins Spiel, nach dem unter Umständen ein Covid-19-bedingter Verzug nicht zu einer Pönalenzahlungsverpflichtung führen darf. Dabei ist jedoch wichtig, darauf zu achten, dass der Verzug tatsächlich (rein) Covid-19-bedingt ist. Ein weiterer infrage kommender Fall wäre nämlich, dass zwar Covid-19 der Auslöser für eine Schließung der Baustelle war, der Bauunternehmer jedoch beispielsweise wesentlich früher ein Hochfahren der Baustelle hätte veranlassen können und ein Verzug somit minimiert hätte werden können. Auch ein solcher Fall müsste, bestenfalls mit professioneller Unterstützung, geprüft werden. (Thomas Seeber, Christoph Edenhauser, 3.6.2020)