Ungleichbehandlung ist ein Wort, das man nicht gern hört. Besonders wenn man zu der Gruppe zählt, die schlechter behandelt wird. Das ist auch in der von Kanzler Sebastian Kurz angestoßenen Debatte über mögliche Lockerungen der Corona-Maßnahmen für vorbildliche Bundesländer der Fall.

Seit 15. Mai sind alle Betriebsarten des Gastgewerbes unter Einhaltung der Corona-Sicherheitsmaßnahmen wieder geöffnet.
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In Wien reagiert man verhalten auf die Kurz’sche Ankündigung. Wertet sie als Angriff der Türkisen gegen Rot-Grün. Denn als eines von drei Bundesländern gibt es in der Hauptstadt derzeit Neuinfektionen – auf niedrigem Niveau.

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verlangt hingegen seit Wochen eine Bevorzugung Kärntens. Schließlich bilanziert das Bundesland aktuell nur mehr zwei Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden. Wieso sollten Kärntner Kinder also keinen Turnunterricht besuchen?

Eine Erleichterung wirkt in diesem Fall sinnvoll. Aber es darf nicht nur die absolute Zahl an Infizierten in die Beurteilung einfließen, sondern auch das Risiko weiterer Ansteckungen durch unerkannte Fälle.

Dass in einer Großstadt wie Wien andere Maßnahmen als in einem kleinen Dorf notwendig sind, ist klar. Diese müssen aber auch für andere Ballungszentren gelten, in denen das Infektionsrisiko höher ist als auf dem Land. Differenziertes Vorgehen darf nicht als Strafe für unliebsame Regionen instrumentalisiert werden, sondern muss auf Zahlen, Fakten und Experteneinschätzungen basieren. (Oona Kroisleitner, 25.5.2020)