Eine Lockerung der Maskenpflicht, kann man sich etwa in Vorarlberg vorstellen.

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Als Schöpfer der Idee will Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht dastehen: Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) habe den Gedanken ventiliert, je nach Region unterschiedliche Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus umzusetzen, nicht er. Aber: "Grundsätzlich kann ich der Idee etwas abgewinnen, ich habe Verständnis dafür", wiederholte Kurz am Montag. Kaiser solle nun einen Vorschlag ausarbeiten.

Drei warten

In Niederösterreich will man diesen abwarten, bevor man die Idee bewertet. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hält fest, "dass es für eine solche Vorgehensweise in einem ersten Schritt bundeseinheitliche Kriterien gibt. Heute wurde vereinbart, dass solche Kriterien jetzt gemeinsam erarbeitet werden."

Neben dem Kärntner Landeschef Kaiser kann sich auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) grundsätzlich vorstellen, dass die Länder unterschiedlich vorgehen. Er halte es für richtig, dass ein Weg eingeschlagen wird, der regionale Lockerungsmaßnahmen vorsieht. Denkbar seien regionale Unterschiede bei der Maskenpflicht und eventuell geringfügige Lockerungen im Sport- und Kulturbereich.

Aus Tirol kommen verhaltenere Töne: Man wolle Gespräche unter den Bundesländern abwarten: "Klar ist aus Tiroler Sicht, dass es dadurch nicht zu einem innerösterreichischen Wettbewerb der Lockerung kommen darf, sondern alle Schritte auf Basis aktueller Gesundheitsdaten gesetzt werden sollen." Auch Wien wollte vorerst auf eine Konkretisierung des Vorschlags warten.

Grundlagen für Unterschied

Eine mögliche Grundlage deutete das Kanzleramt bereits an: Sechs von neun Bundesländer meldeten am Wochenende keine Neuinfektion, bei ihnen könne man sich regionale Lockerungen vorstellen. Wien, Niederösterreich und Tirol hinken nach.

Laut der Hygienikerin Miranda Suchomel von der Medizinischen Universität Wien dürfe man sich bei der Unterscheidung nicht nur auf die Infektionszahlen fokussieren. Es müsse vielmehr die Wahrscheinlichkeit einer Infektion berücksichtigt werden. "Bei einem Infektionsgeschehen, egal welcher Art, wissen wir: Je mehr Menschen sich an einem Ort aufhalten, je mehr Kontaktmöglichkeiten es gibt, desto leichter geschehen Übertragungen", sagt sie. Eine Großstadt sei anders zu behandeln als ein kleiner Ort. "In Oberösterreich werde ich mich in Linz eher anstecken als am Attersee", sagt die Hygienikerin. Auch innerhalb eines Bundeslands könne man nicht alle Orte gleichsetzen.

Mehr als Fallzahlen

Dass Kärnten aktuell nur zwei positiv getestete Corona-Patienten hat, Wien jedoch mehr als 400, lässt Suchomel nicht als einziges Argument gelten. Nachweislich Erkrankte sollten ohnehin isoliert sein, verteilt werde das Virus vor allem durch Personen, "von denen wir nicht wissen, dass sie erkrankt sind", sagt sie. Wie viele das in den jeweiligen Bundesländern sind, sei unklar. Aber: "Wenn eine Person ohne Symptome in der vollen Wiener U-Bahn ungeschützt hustet, richtet sie mehr an, als wenn sie alleine an einem Kärntner See sitzt."

Sollten die von Kurz angedachten regionalen Differenzierungen kommen, wird es spätestens im Sommer spannend. "Beim Reisegeschehen reisen auch die Infektionserreger mit." (Steffen Arora, Oona Kroisleinter, Sebastian Fellner, 25.5.2020)