Michikazu Matsune stellt künstlerische Recherchen an.

Foto: Elsa Okazaki

Der Homo sapiens ist die einzig verbliebene Art seiner Gattung, und der Begriff "Rasse" gerät auch bei Zoologen ins Abseits. Also ist es unsinnig, Menschen nach ihren Hautfarben zu typologisieren.

Kommt zum Unsinn noch Feindseligkeit, haben wir’s mit Rassismus zu tun. Dabei kann heute mit Stolz auf die weltweite Diversität gesagt werden: Wir sind alle Afrikaner! Als deren Nachkommen wurden wir zu "eingeborenen" Österreichern oder Japanern.

Der Wiener Performancekünstler Michikazu Matsune ist seit mehr als 20 Jahren Teil der heimischen Szene. Wenn dem gebürtigen Japaner jetzt auf der Straße halblaut "Corona" nachgerufen wird, ist das Ausdruck einer latenten Aggression.

Zentrales Thema in Matsunes neuer Arbeit "Mitsouko & Mitsuko" ist die politisierte Aggression hinter dem Begriff "gelbe Gefahr", der Ende des 19. Jahrhunderts entstand, nachdem Europa bereits in den 1870ern große Begeisterung für japanische Ästhetik gezeigt hatte, die sich unter anderem im Japonismus von Impressionismus und Jugendstil widerspiegelte.

Europas Schwäche für Reiz und Gefahr des Exotischen sieht Matsune in zwei Büchern verankert: Claude Farrères "La Bataille" (1909), dessen Protagonistin Guerlain 1919 zu dem heute noch beliebten Parfum Mitsouko inspirierte, und "Pan-Europa" (1923) von Richard Coudenhove-Calergi, dessen Mutter Mitsuko 1875 mit ihrem Ehemann nach Böhmen übersiedelt war.

Ein Faszinosum für Matsune ist, dass der Entwurf für ein vereintes Europa von einem Halbjapaner stammt. (Helmut Ploebst, 16. 5. 2020)