Reichen in Österreich noch selten bis in die Wohnung oder das Haus: Glasfaserkabel.

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Mit Schlagworten wie "Fiber Power" und ähnlichen Begriffen werben die heimischen Betreiber schon seit Jahren für ihre Internetangebote. Dabei suggeriert man, dass viele Nutzer praktisch direkten Zugang zum jeweiligen Glasfasernetz haben würden. A1 etwa gab 2019 bekannt, nun rund 420.000 Haushalte an sein "Giganetz" angeschlossen zu haben. Allerdings zählen zu diesem Netz auch Kupferleitungen, die der Anbieter mittels Vectoring weiter ausreizt.

Geht es um die Abdeckung mit Glasfaser-Direktanschlüssen via FTTH (Leitung direkt in das Haus bzw. die Wohnung) und FTTB (Leitung bis zu einem Verteiler ins Gebäude), sieht es jedoch düster aus. Schon 2016/17 lag Österreich hier in einem Bericht der Telekombehörde RTR (gemäß Erhebungen des FTTH Council Europe) im Feld der europäischen Nachzügler. Im April hat das Gremium neue Daten vorgelegt, die kein gutes Zeugnis ausstellen.

Nur 1,9 Prozent mit FTTB/H

1,9 Prozent aller Haushalte verfügen demnach hierzulande über einen Glasfaserzugang wie FTTH oder FTTB. Die positive Nachricht: Der Großteil davon kann sich über eine Leitung bis in die eigenen vier Wände freuen. Die Kehrseite: Mit dieser Quote belegt Österreich den letzten Platz unter 34 europäischen Ländern, hinter Serbien, Großbritannien und Deutschland. Auch den EU-28-Schnitt von 17,1 Prozent unterschreitet man klar.

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Das Spitzenfeld führt die nordische Inselnation Island an. Fast zwei Drittel der Haushalte (65,9 Prozent) sind hier per Glasfaser-Direktanbindung erschlossen, allesamt per FTTH. Ähnlich sieht es auch in Weißrussland (62,8 Prozent) aus, wo die FTTH-Quote ebenfalls bei hundert Prozent liegt. Platz drei belegt Schweden (56,8 Prozent), wo FTTC die bevorzugte Lösung ist. Die Länder haben zum letzten Vergleich deutlich aufgeholt, bei diesem lagen noch Lettland und Portugal vorn.

RTR sieht Direktanbindung als alternativlos an

Das FTTH Council Europe ist ein Industrieverband, der sich seit Jahren stark für den Glasfaserausbau einsetzt. Dabei fordert man möglichst direkte Anbindung der Haushalte, statt die "letzte Meile" weiterhin per Kupfer zu absolvieren. In Österreich ist bei den Betreibern der Netze allerdings FTTC bisher die bevorzugte Lösung. Dabei führt die Glasfaserverbindung nur bis zu einem Verteiler auf der Straße, über den dann eine größere Menge an Haushalten versorgt wird.

Je nach Länge und Beschaffenheit der Kupferleitung kann die verfügbare Bandbreite für Nutzer stark schwanken. Laut dem österreichischen Breitbandatlas sind vielerlorts nach wie vor keine Gigabit-Bandbreiten verfügbar. Eine Direktversorgung ist laut RTR allerdings alternativlos. "Langfristig ist davon auszugehen, dass der steigende Breitbandbedarf nur mit FTTB/H zu decken ist", hieß es in einer Pressemitteilung Ende 2018.

Ein Ausbau der heimischen Internetkapazitäten ist politisch seit Jahren avisiert, zuletzt unter dem Stichwort "Breitbandmilliarde". Immer wieder gab es aber Kritik an langsamer Förderungsvergabe und den Kriterien. Einige Betreiber machten in der Vergangenheit etwa ihren Unmut darüber kund, dass öffentliche Gelder auch in die Aufwertung für das Kupfernetz fließen, obwohl dessen Möglichkeiten als weitestgehend ausgereizt gelten. (gpi, 27.5.2020)