Der Lebensmittelhandel bedient die Österreicher bei Frischfleisch mit regionaler Ware. Das Schnitzel beim Wirten hat nach wie vor kein Mascherl.

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Wien – In turbulenten Zeiten wächst die Sehnsucht nach Sicherheit. Im Konsumverhalten der Österreicher wird dies im Wunsch nach mehr Regionalität sichtbar. Das war in Zeiten der Finanzkrise so und wiederholt sich nun während der Corona-Krise. Der Lebensmittelhandel springt auf diesen Zug bereitwillig auf. Denn der Griff seiner Kunden zu regionalen Produkten verspricht nicht nur das Wohlwollen der Politik, die österreichische Wertschöpfung gestärkt wissen will, sondern auch höhere Margen.

Die Hamsterkäufe in den Supermärkten sind vorerst Geschichte. Auf den anfänglichen enormen Ansturm der Konsumenten in die Filialen folgten bescheidenere Einkäufe. Schritt für Schritt kehrt Normalität in den Lebensmittelhandel zurück, vom Niveau vor der Krise sieht sich die Branche aber nach wie vor weit entfernt.

Lückenschluss

Billa kündigt nun wenige Wochen nach dem "Regionalitätsgipfel" mit der Bundesregierung eine Offensive für mehr Fleisch aus Österreich an. Bei Frischfleisch sei nicht nur bei Schwein und Rind österreichische Herkunft garantiert, auch Geflügel werde ab sofort zu 100 Prozent aus Österreich kommen, sagt Vorstandssprecher Robert Nagele. "Wir schaffen den Lückenschluss." Vor allem bei Pute gab es hierzulande traditionell erhebliche Engpässe. Österreichs Vorgaben für ihre Haltung sind nämlich erheblich strenger als jene der Nachbarländer.

Das hat seinen Preis und schwächt die Mäster im internationalen Wettbewerb. Sie zogen bisher im Jahr 1,1 Millionen Puten groß. Zusätzliche Aufträge von Billa sorgen dafür, dass diese bis Jahresende um ein Drittel mehr werden. Während Supermärkte den Anteil der Importe aus fragwürdiger Aufzucht reduzieren, bedient sich die Gastronomie freilich weiterhin fast ausschließlich günstiger Putenbrust aus dem Ausland.

"Zukunftsinvestition"

Nagele nennt die Regionalitätsoffensive eine wichtige Zukunftsinvestition, die seit jeher gepflegt worden sei. "Wir geben die höheren Preise dafür nur zum Teil weiter." Billa beziehe etwa jährlich 62.000 Tonnen Obst und Gemüse aus Österreich und decke damit rund 60 Prozent des Bedarfs. Den Konsumenten angeboten werde Regionales in allen Preisklassen.

Keine Meinung äußert der Konzern zum Plan der Regierung, regionale Lebensmittel steuerlich zu fördern und weitgereiste Produkte zu verteuern. Noch kenne man die genaue Ausgestaltung der Maßnahme nicht, es hänge von den Details ab.

Importe für Aktionen

Regional an vorderster Front sieht sich auch Spar. 2.000 österreichische Hersteller liefern knapp 30.000 regionale Produkte, rechnet Konzernsprecherin Nicole Berkmann vor. "Regionalität ist für den österreichischen Lebensmittelhandel nichts Neues." Spar verkaufe seit 25 Jahren Frischfleisch ausschließlich von österreichischen Schweinen, Rindern und Kälbern. Nur bei Geflügel werde ein geringer Anteil aus dem Ausland zugekauft, um die Aktionspreise zu bewältigen.

Hofer zieht mit

Hofer zieht bei Hühnern mit Billa gleichauf. Ab Mitte Juni bezieht der Konzern das gesamte Sortiment, von Rind-, über Schweine- bis zu Geflügelfleisch, aus Österreich, lässt eine Sprecherin wissen. Pute ist davon allerdings noch ausgenommen.

Was die Preise für Milch und Fleisch betrifft, haben Rewe und Spar diese in den vergangenen Wochen im Sinne der österreichischen Landwirtschaft stabil gehalten, obwohl sie international stark unter Druck stehen. In den kommenden Wochen will sich der Handel zu diesem Thema mit den Produzenten wieder an einen Tisch sitzen. Die Preise für Lebensmittel erhöht habe Corona bisher nicht, sagt Nagele. Auch Berkmann betont, dass die Schwankungen nach oben und unten im üblichen Rahmen seien. (Verena Kainrath, 27.5.2020)