Stellt bis zu 25 Millionen Euro an nichtrückzahlbaren Ausfallzuschüssen in Aussicht: Finanzminister Gernot Blümel.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Das lange geforderte Ende des Lockdowns kommt nun auch für die österreichische Filmbranche. Bereits ab kommender Woche können wieder die ersten Klappen fallen, Voraussetzung dafür war die Einrichtung eines Haftungsfonds, der bei einer Pressekonferenz am Mittwoch von Regierungsseite präsentiert wurde. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sichert 25 Millionen Euro an nichtrückzahlbaren Ausfallzuschüssen zu, sollte es aufgrund einer zweiten Covid-19-Welle wieder zu Drehabbrüchen kommen.

Kahlschlag verhindert

Das Zuschussvolumen kann pro Filmprojekt bis zu 75 Prozent der Produktionskosten betragen, abgewickelt wird alles über das AWS (Austria Wirtschaftsservice). Der Fonds ist für die Planungssicherheit der Filmschaffenden deshalb so wichtig, weil ein weiterer Totalausfall katastrophale Folgen hätte.

Besonders erfreut zeigte sich Alexander Dumreicher-Ivanceanu vor allem darüber, dass die getroffenen Maßnahmen auch rückwirkend bis zum 16. März gelten. "Der drohende Kahlschlag in der Filmbranche ist damit verhindert", urteilt der Vorsitzende der Fachvertretung für Film- und Musikwirtschaft in der Wirtschaftskammer. Auch die bereits entstandenen finanziellen Ausfälle, die von Versicherungen nicht gezahlt wurden, können nun abgedeckt werden. Dies entlastet die Filmfördereinrichtungen von der Aufgabe, Schäden zurückzuerstatten.

Ob tatsächlich alle der schon einmal mit 27 Millionen Euro bezifferten Kosten der Corona-Krise abgedeckt sind, ist allerdings fraglich. Auf jeden Fall wird Österreich mit der Realisierung eines Haftungsfonds europaweit zum Vorreiter, nur in Frankreich sind die Pläne auch weit gediehen. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) wies neben den Erfolgen des heimischen Films auch auf die 10.000 Arbeitsplätze der Branche hin.

Über die Frage, unter welchen gesundheitlichen Regeln mit der Covid-19-Gefahr gedreht werden kann, wurde man bereits vergangene Woche mit dem Gesundheitsministerium einig. Als Grundlage dient ein von Produzenten gemeinsam mit einem Gesundheitsexperten ausgearbeitetes Drei-Zonen-Modell mit verschiedenen Sicherheitsstufen.

Produzent John Lüftner bezeichnet die innerste und prekärste Zone bei der Pressekonferenz als "protective bubble": ein geschlossenes Set, zu welchem – wie sonst etwa bei Nacktszenen – nur ein Kernteam Zugang hat. Hier freilich mit dem Zusatz, dass bei den Mitwirkenden auch laufend Tests durchgeführt werden. Insgesamt sei die Vorgangsweise jenem in der Fußball-Bundesliga nicht unähnlich, so Lüftner.

Erleichterung auch bei ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der den 27. Mai 2020 gar zum historischen Datum erklärte: Der Tag werde "in die Filmgeschichte eingehen", so Wrabetz bei der Pressekonferenz. Die Arbeit an 20 ORF-Auftragsproduktionen, weiteren 20 Filmproduktionen sowie 50 Serienfolgen sei nun wieder möglich. Im Fernsehen ist das etwa die Fortsetzung für eine Tatort-Folge, ebenso weiter geht es mit Schnell ermittelt, Soko Kitz, Soko Donau und Landkrimi. Österreich sei mit dem ORF damit "das erste Land, das mit der Filmproduktion beginnen kann", sagt Wrabetz. In Deutschland arbeiten ARD, ZDF, ProSiebenSat1 und RTL ebenfalls an der Wiederaufnahme der Produktionen. Das ZDF dreht schon ab 29. Mai in der Ramsau Folgen von Die Bergretter.

ORF übernimmt Mehrkosten

Die Angst der Produzenten vor einem neuerlichen Lockdown soll neben der Ausfallhaftung ein zusätzliches Angebot des ORF mindern: Der Gebührenfunk erklärt sich bereit, nachgewiesene Mehrkosten aufgrund von Corona-bedingten Sicherheitsmaßnahmen bei der Herstellung von Filmproduktionen zu tragen. Dies gilt nach Abzug staatlicher und sonstiger Förderungsmaßnahmen. Bei mehreren Finanzierungspartnern erfolgt die Kostenübernahme anteilig. "Wir tragen das, weil wir dieses Programm so dringend brauchen", sagt Wrabetz. Der Stillstand beim Dreh sorgte bereits für Nervosität: Bei noch längerer Corona-Pause drohte ein Mangel an Programm ab Jänner 2021. "Drei bis fünf Millionen Euro" würde diese Unterstützung kosten, so der ORF-Generaldirektor.

Zum Vergleich: In Deutschland hat sich die öffentlich-rechtliche ARD bereiterklärt, 50 Prozent der wegen Corona entstandenen Mehrkosten zu tragen. Das gilt dezidiert auch für Corona-bedingte Abbrüche von Dreharbeiten.

Bewegung gibt es auch an der Front der Kinos, die in der Lockerungsverordnung den Theaterbühnen gleichgestellt werden und nun theoretisch schon ab Freitag öffnen dürften. Christian Dörfler, Präsident des Österreichischen Kinoverbands, macht diese Aussicht "nicht glücklich": "Das ist nicht die Planbarkeit, die wir uns von der Politik gewünscht haben, weil man vier bis sechs Wochen braucht, um den Betrieb zu starten", außerdem würden noch die neuen Filme fehlen. Bisher hätten nur die Kinos der Gruppe Diesel angekündigt aufzusperren. Gartenbaukino, Votiv-Kino und Filmcasino haben beschlossen, das Eröffnungsdatum von 1. Juli auf Mitte Juni vorzuziehen. (Dominik Kamalzadeh, Doris Priesching, 27.5.2020)

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