Der Umbau im Justizministerium unter der grünen Ressortleiterin Alma Zadić wurde am Mittwoch nach der Opposition auch vonseiten der Anwälte äußerst wohlwollend aufgenommen – auch wenn dieser eine spektakuläre Demontage des bisher übermächtigen Sektionschefs Christian Pilnacek mit sich gebracht hatte.

Justizministerin Alma Zadić mit dem übermächtigen Sektionschef Christian Pilnacek: Kenner schätzen ihn bis heute als kompetenten Straflegisten und Gesprächspartner.
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Konkret hatte Zadić am Dienstag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz verkündet, dass Pilnaceks seit zehn Jahren bestehende Strafechtssektion entzweit wird, weil diese auch über das Vorgehen der Staatsanwälte vor allem in clamorosen Fällen samt Weisungsbefugnis wacht: Künftig werden "im Sinne der inneren Gewaltenteilung" für die Straflegistik und die einzelnen Strafverfahren wieder zwei Sektionen zuständig sein, erklärte die Ministerin – Pilnacek könne sich für die Leitung wie andere versierte Justizexperten bewerben.

Gehörig zusammengekracht

Rupert Wolff, Präsident des Rechtsanwaltskammertags, begrüßt ausdrücklich die von Zadić angekündigte Umstrukturierung, für Pilnacek hatte Wolff allerdings auch nur lobende Worte über. Zwar sei er mit ihm anfangs gehörig zusammengekracht, in der Folge aber habe er, Wolff, Pilnacek als Gesprächspartner und kompetenten Strafrechtler schätzen gelernt – auch deshalb, weil dieser "Fachkompetenz und Handschlagqualität" aufweise.

Zadić wiederum ist für Wolff eine Ministerin, die schnell Problemlagen erfasse, zudem verfüge sie über eine juristische Ausbildung.

In der Justiz sei jedenfalls viel zu tun, hielt Wolff fest, zuallererst nannte er eine Reform des Hauptverfahrens – und bei der jüngsten türkis-grünen Regierungsbildung habe sich immerhin das Verständnis durchgesetzt, dass die Justiz mehr Ressourcen erhalten solle. Dazu äußerte der Präsident des Rechtsanwaltskammertags die Hoffnung, dass entsprechende Pläne auch nach der Corona-Krise noch Geltung haben.

Der von Zadić offenbar überrumpelte Koalitionspartner ÖVP ließ über Karoline Edtstadler, einst selbst Anwärterin für das Amt der Justizministerin gehandelt, nun Ressortleiterin für EU- und Verfassungsagenden, auf Anfrage des STANDARD ausrichten: "Die Organisationsstruktur von Ministerien ist Angelegenheit der jeweiligen Ressortleitung." Nachsatz: "Wir gehen davon aus, dass die Leitung der neuen Sektionen nach objektiven und fachlichen Kriterien besetzt wird."

System der Angst, adé!

Zuvor hatten sich schon SPÖ, FPÖ und Neos recht angetan über Zadićs Vorgehen geäußert – und zwar gerade weil mit dem Umbau auch Pilnacek demontiert wird. Rot sprach von einem "überfälligen Schritt", Blau von "der logischen Konsequenz einer Selbstdemontage". Die Neos hielten fest, dass Pilnacek, der sich unter anderem protokollierte Eklats mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatswaltschaft in der Causa Eurofighter geliefert hatte, den "Kopf eines Systems der Angst" repräsentierte habe. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl argwöhnte allerdings prompt, dass bald jemand anderer in dem nun von Grün geführten Justizministerium "eine schützende Hand über die Volkspartei halten" werde. Zur Erinnerung: Im Zuge der Casinos-Affäre sorgte Pilnacek für Aufsehen, weil er trotz laufenden Verfahrens Beschuldigte der Causa – darunter ÖVP-Prominenz – bei sich im Ministerium empfangen hatte.

Die Neos – allen voran Abgeordnete Stephanie Krisper – bringen nun im Nationalrat einen Entschließungsantrag ein, Titel: "Das Einzige, was bei einem zu intervenieren hat, ist das gesatzte Recht." Darin rütteln die Neos unter anderem an der Berichtspflicht der Ankläger, denn: Es könne nicht sein, dass "Staatsanwältinnen und -anwälte, die in brisanten Fällen ermitteln, durch höchste Beamtinnen und Beamte sowie durch andere fragwürdige Maßnahmen in ihrer Arbeit behindert werden". (Fabian Schmid, Nina Weißensteiner, 27.5.2020)