Die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes bekommt bald ein großes Update.

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Bei einem sind sich Epidemiologen weitgehend einig: Die Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten stellt ein wichtiges Tool dar, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Ob elektronische Hilfsmittel dafür taugen, ist hingegen wieder eine wesentlich umstrittenere Frage. Neben grundlegenden Bedenken zur Aufzeichnung von Kontakten – egal wie sehr bei der Umsetzung auf die Privatsphäre geachtet wird – werden dabei auch oft technische Beschränkungen ins Feld geführt. Und die erste Generation an "Contact Tracing"-Apps schien den Kritikern dabei recht zu geben, allzu ungenau war die Ermittlung, was nicht zuletzt auch mit Beschränkungen in den Smartphone-Betriebssystemen von Apple und Google zu tun hatte.

Alles neu

Also haben sich die beiden Unternehmen zusammengetan, um eine gemeinsame Grundlage für solche Tools zu schaffen. Diese wurde in der Vorwoche präsentiert und ist mittlerweile sowohl an iPhones als auch Android-Geräte als Update ausgeliefert worden. Bislang ist das aber alles nur Theorie. Immerhin handelt es sich bei dem, was die beiden Firmen geschnürt haben, lediglich um ein Framework. Also eine Basistechnologie, die von sich aus zunächst einmal gar nichts tut und erst im Zusammenspiel mit einer entsprechenden App aktiv wird. Für jedes Land will man dabei nur eine App zulassen, die sich noch dazu an eine ganze Reihe von Privacy-Vorschriften halten muss.

In Österreich wurde hier – wenig überraschend – die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes auserkoren. Also ist man bei der mit deren Entwicklung beauftragen Softwarefirma Accenture derzeit intensiv damit beschäftigt, die App auf die neue Basis anzupassen. Nun liefert man erstmals Informationen zum weiteren Zeitplan.

Ausblick

Die neue Version der "Stopp Corona"-App soll nach den aktuellen Plänen in der zweiten Juniwoche fertig werden, versichert Michael Zettel, Country Managing Director von Accenture Österreich, gegenüber dem STANDARD. Und zwar bereits vollständig auf Basis des neuen Apple/Google-Frameworks. Damit sollen auch andere Umbauten an der App einhergehen, was vor allem heißt, dass zwei Punkte komplett gestrichen werden: die manuellen Handshakes sowie das Kontakttagebuch. Beide seien von Google und Apple "nicht vorgesehen", formuliert es Zettel.

Die größte Hürde für den Erfolg der "Stopp Corona"-App bleibt aber die Akzeptanz durch die Bevölkerung. Wissenschafter gehen davon aus, dass 60 Prozent der Bevölkerung die App benutzen müssen, damit sie einen effektiven Nutzen hat. Davon ist man bislang aber weit entfernt, zuletzt hieß es, dass die App knapp 600.000-mal installiert wurde. Das ist selbst dann nur ein Bruchteil des Benötigten, wenn man ignoriert, dass Downloads nicht mit aktiver Nutzung gleichzusetzen sind, also etwa ein großer Teil der Interessenten die App eventuell gar nicht mehr verwendet.

Werbekampagne

Also will das Rote Kreuz nun offensiv Überzeugungsarbeit leisten. Parallel zur Veröffentlichung der neuen App-Version soll es eine Informationskampagne geben, die für die App werben soll. Deren Kern umreißt betont Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes, folgendermaßen: Die "Stopp Corona"-App sei das "smartestes Instrument im Kampf gegen Covid-19". Wenn genügend Menschen sie nutzen, könne diese "teure Maßnahmen ersetzen, die schwere gesellschaftliche und wirtschaftliche Nebenwirkungen für uns alle haben", so Foitik.

Geklärte Fragen

Die Diskussion über die Freiwilligkeit der App, die vor einigen Wochen noch durch die österreichische Innenpolitik gegeistert war, ist mit dem Wechsel auf die Apple/Google-Basis übrigens auch erledigt, schreiben die Firmen doch die Freiwilligkeit explizit vor. Apps, die sich daran nicht halten, werden von den beiden Firmen schlicht nicht in ihren App-Stores akzeptiert.

Damit dürfte Österreich eines der ersten Länder werden, die eine "Contact Tracing"-App auf Basis der Apple/Google-Entwicklung im Angebot haben. Nachdem sich viele Länder zunächst an Alleingängen versucht haben, haben sich die meisten mittlerweile den Konzepten der beiden Unternehmen angeschlossen. Dies wohl nicht zuletzt aus der Erkenntnis, dass man ohne die Hilfe der beiden die Smartphone-Welt dominierenden Firmen realistisch keine Chance hat, eine erfolgreiche App zur Kontaktnachverfolgung zu entwickeln – wegen der erwähnten technischen Beschränkungen.

Damit einher geht, dass auch jener dezentrale Ansatz gewonnen hat, der von Privacy-Verfechtern bevorzugt wird und der eine Speicherung der Kontakte ausschließlich lokal am Smartphone der Nutzer vorsieht, haben doch Google und Apple diesem im Gegensatz zu einem zentralen Ansatz den Vorzug gegeben. (Andreas Proschofsky, 28.5.2020)