Finanzminister Blümel, Vizekanzler Kogler und Kulturstaatssekretärin Mayer stellten am Donnerstag ihren "Künstlerinnen- und Künstlerfonds" vor.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

"Wir bekommen mit jedem Tag mehr Einblick in die Notwendigkeiten, wir werden jeden Tag schlauer", sagte Kulturstaatssekretärin Mayer. "Wir wollen ein Zeichen setzen: Ihr seid uns nicht egal, liebe Künstlerinnen und Künstler."

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Nach wochenlangem Warten geht es jetzt Schlag auf Schlag: Am Donnerstag verkündeten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) eine mit 90 Millionen Euro dotierte Überbrückungshilfe für freischaffende Künstler. Solche werden bis zu sechs Monate lang monatlich 1.000 Euro bekommen. Die Abwicklung läuft über die Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS), bei der 15.000 Künstler erfasst sind. Der kleine Haken: Die Anträge dafür können erst ab Juli gestellt werden, da die gesetzliche Basis noch fehlt. Den zugehörigen Gesetzesantrag brachte man schon nachmittags im Parlament ein.

Das Tempo, mit dem sich die Regierung nun plötzlich des heimischen Kulturbetriebs und seiner Nöte annimmt, ist durchaus erstaunlich. Ganz so, als ob es zuerst einer Eskalation in Form von Ulrikes Lunaceks Rücktritt bedurft hätte, um beim dominierenden Koalitionspartner Gehör und notwendige finanzielle Mittel zugesichert zu bekommen.

Noch mehrere Baustellen warten

Dass man es nicht allen Vertretern der Branche recht machen kann, zeigt die Reaktion von Kinobetreibern, die sich völlig überrumpelt fühlen. Wie berichtet, erfuhren sie aus der am Mittwoch veröffentlichten neuen Covid-19-Lockerungsverordnung, dass sie theoretisch bereits ab Freitag den Betrieb aufnehmen könnten. Die Cineplexx-Geschäftsführer monierten diesen "Schnellschuss", da sie für die Öffnung aller Häuser eine "Vorlaufzeit von mehreren Wochen" benötigen würden. Die Staatssekretärin verwies auf den runden Tisch von vergangener Woche, bei dem das Thema gewesen sei. Dazu können "Kinos nicht anders beurteilt werden als Theater".

Es warten noch mehrere Baustellen auf Andrea Mayer. Mit der Überbrückungshilfe sollte die für selbstständige Kunstschaffende dringlichste bereinigt sein. Sie kämpfen seit Wochen um staatliche Zuschüsse. Trotz laufender Nachjustierungen des Härtefallfonds (HFF) waren und sind sie teils gar nicht anspruchsberechtigt oder bekamen nur Kleinstbeträge zugestanden, mit denen Lebenshaltungskosten nicht gedeckt werden können. Als Hauptproblem entpuppte sich das HFF-Berechnungsmodell, das sich an der Umsatzrentabilität von Steuerbescheiden aus den Vorjahren orientiert. Dabei werden antizyklische Einkommen – in der Kulturbranche eher die Norm als die Ausnahme – völlig nivelliert. Auf dem Papier und den WKO-Kriterien entsprechend mögen Künstler Ein-Personen-Unternehmen sein, ihr beruflicher Alltag gleicht dennoch nicht jenem eines Tischlers. Da gebe es unterschiedliche Bedürfnisse, erkannte der Finanzminister im Zuge der Pressekonferenz treffend.

Der auf Künstler aller Gattungen spezialisierte Künstlersozialversicherungsfond (KsvF) ist wiederum nur für solche Antragsteller zuständig, die keinen Anspruch auf Zuschüsse aus dem HFF haben und deren Einkommen zuletzt nicht über rund 60.000 Euro lag. So Betroffene beim KsvF über laufende Zuschüsse zur Sozialversicherung noch nicht erfasst waren, gilt es dort eine Verifizierung zu durchlaufen, ob man die Kriterien der Berufskurien erfüllt.

Bisher 1,68 Millionen Euro ausbezahlt

Die vorläufige Bilanz des "Covid-19-Fonds": Seit Anfang April wurden (Stand 22. Mai) rund 2.650 Anträge bearbeitet, 1.795 davon wurden bewilligt. Die vorerst ausbezahlte Soforthilfe summiert sich bisher auf 1,68 Millionen Euro. Rein rechnerisch lag der einmalige Zuschuss folglich bei 940 Euro pro Künstler, mit denen seit Anfang April die Lebenshaltungskosten finanziert werden müssen. Die zweite Auszahlungsphase soll beim KsvF in den nächsten zwei bis drei Wochen beginnen, jedenfalls also noch, bevor Anträge für die neue Überbrückungshilfe gestellt werden können.

Diese versteht sich explizit als zusätzliches Instrument, das die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung ergänzt. Die Auszahlung erfolge unbürokratisch, so das Versprechen. Aus dem HFF oder vom KsvF bezogene Zuschüsse werden gegen gerechnet. Der Alltag von Kunstschaffenden ist teils unverändert geblieben: Viele haben noch immer Berufsverbot, fast alle keine Einnahmen. Selbst bildende Künstler stehen vor dem Problem, dass "die Leute derzeit andere Sorgen als Kunstkäufe" haben, wie die Staatssekretärin kundig feststellte. (Olga Kronsteiner, 28.5.2020)