Tut so, als wäre sie eine GTX 1050 Ti, ist aber eine Mogelpackung.

Foto: Chinavasion

Wer eine günstige Grafikkarte für einfachere Gamingansprüche möchte, muss zumindest 130 Euro in die Hand nehmen. So viel kostet circa die Nvidia Geforce GTX 1050 Ti, ein Vorgänger der der aktuellen RTX-20- und GTX-16-Reihen. Für hundert Euro mehr empfiehlt sich auch die GTX 1060, die nochmals einen deutlichen Leistungssprung bietet und für viele Titel nach wie vor gut ausreicht.

Bei engem Budget kann es aber auch damit knapp werden. Es sei denn, man schaut auf Wish.com. Dort gibt es die genannten Grafikkarten schon wesentlich billiger. Bei rund 50 Euro starten die Preise. Wer die Karten bestellt, bekommt statt eines Schnäppchens jedoch nur einen Haufen Ärger, weil er einer Betrugsmasche aufgesessen ist. Und die hat mittlerweile auch andere Plattformen erreicht, darunter auch den bekannten Anbieter Chinavasion.

Letzterer hat – Stand: 28. Mai – mindestens vier Karten des Typs GTX 1050 Ti im Sortiment, bei denen es sich nicht um reale Produkte handelt. Auf Wish oder Ebay tauchen solche Angebote schon viel länger auf und betrafen auch die GTX-900-Reihe.

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Probleme statt Spielvergnügen

Wer sie bestellt, erhält auch tatsächlich eine Grafikkarte geliefert, die den Fotos im Angebot entspricht. In den Computer eingebaut, identifiziert sie sich dem System gegenüber als das angegebene Modell. Bemüht man ein Systemanalyse-Tool, so werden hier mitunter auch korrekt wirkende Angaben zu Chipsatz, RAM und anderen Spezifikationen ausgelesen.

Wenngleich oberflächlich alles zu passen scheint, stößt man bald auf Hindernisse. Die Installation neuer Grafiktreiber klappt teilweise nicht, die Grafik in verschiedenen Anwendungen und Spielen ist oft fehlerhaft, die Performance bleibt deutlich unter den Erwartungen, und mitunter hat man auch mit häufigen Abstürzen zu kämpfen.

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Die Probleme liegen darin, dass man es eigentlich mit einer viel älteren Grafikkarte zu tun hat, die optisch etwas überarbeitet und mit einem neuen BIOS geflasht wurde. Letzteres ist für die Übermittlung der Hardwareinformationen an das System zuständig und enthält falsche Informationen, die den Oldie als neueres Modell tarnen. Die Diskrepanz zwischen tatsächlicher und vorgetäuschter Hardware ist der Quell sämtlicher Schwierigkeiten.

Reflasing-Masche

Die Karten sind in der Regel mehrere Wochen auf dem Versandweg. Zudem dauert es auch eine Weile, ehe die Käufer sie installiert haben, auf Probleme stoßen und diese schließlich der neuen Grafikkarte zuschreiben und – wenn überhaupt – sich an den Support der Handelsplattform wenden. Gehen dort viele Beschwerden ein, wird das Angebot entfernt und der Händler gesperrt. Eine weitere Sanktionierung gestaltet sich schwierig, sind die Anbieter für die Shops selbst doch auch nur schwer greifbar.

Sie melden sich später wieder unter neuem Namen an, um die gleiche Masche weiter zu betreiben. Denn der Zeitraum zwischen Angebotserstellung und Entfernung ist offenbar groß genug, um genug Geld zu erwirtschaften. Auf den Kosten bleiben entweder Kunde oder Händler sitzen.

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VGA-Ausgang verrät Fakes

Doch zum Glück gibt es – abseits des verdächtig niedrigen Preises – ein ganz einfaches Merkmal, anhand dessen man die aktuellen Fakes erkennen kann: Alle bislang in den Shops gefundenen gefälschten GTX-1050- und -1060-Modelle verfügen über einen klassischen VGA-Ausgang.

Die analoge Schnittstelle, deren Stecker meist blau gefärbt ist, wird jedoch von Nvidia schon länger nicht mehr bei der Erstellung von Referenzdesigns berücksichtigt, wurde sie doch schon längst von DVI, HDMI und Displayport abgelöst. Neue Monitore und Fernseher verfügen in der Regel auch nicht mehr über einen VGA-Eingang.

Dawid Does Tech Stuff

Getarnte Oldies

Zuletzt gab es einen VGA-Ausgang bei Nvidia-Karten der GT/GTX-700-Serie, die 2014 auf den Markt kam. Laut verschiedenen Tech-Experten, die sich zwecks Untersuchung eine Fake-Karte bestellt haben, handelt es sich häufig tatsächlich um Modelle der GTX-500- und -400-Reihe, die die Betrüger billigst aufkaufen und mit falschem BIOS weiterverkaufen.

Wer einem solchen Scam aufgesessen ist und sein Geld vom Händler nicht zurückbekommt, kann eventuell doch noch Nutzen aus der Karte ziehen. Um sie ohne Probleme verwenden zu können, ist es erforderlich, das korrekte BIOS zu flashen. Dann lässt sie sich etwa immer noch als Grafikbeschleuniger für ein Low-End-System oder als Ersatzteil verwenden.

Dawid Does Tech Stuff

Sollten sich die zur Identifikation erforderlichen Daten nicht per Software auslesen lassen, so finden sich oft entsprechende Informationen – etwa eine Seriennummer – auf der Platine selbst. Ebenso kann man auch versuchen, mit zusätzlichem Werkzeug den BIOS-Chip auszulesen. Dieser Prozess setzt jedoch ein gewisses Vorwissen und einige Geduld voraus. Ob man dabei Erfolg hat, hängt zudem auch davon ab, inwieweit der Verkäufer auch die Hardware selbst manipuliert hat. (gpi, 29.5.2020)