Mit dem neuen Sicherheitsgesetz für Hongkong hat sich Peking ein Ei gelegt. Teile der Mittelschicht zögerten lange, sich mit der Protestbewegung zu solidarisieren: Zwar waren Radikale und Gewaltbereite in der Minderheit, doch sie dominierten oft die Bilder. Ein großer Teil der Hongkonger aber hatte sich ganz gut mit dem Sonderstatus arrangiert. An den Touristen vom Festland verdiente man gut, der Wohlstand stieg, die "South China Morning Post" erschien weiter mit kritischen Artikeln, das Internet war frei. Unabhängigkeit von Peking? Das war eine Forderung von wenigen Radikalen, ganz gewiss aber nicht mehrheitsfähig unter den sieben Millionen Einwohnern Hongkongs. Warum also am Status quo rütteln?

Die Protestbewegung in Hongkong bittet das Ausland um Hilfe.
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Mit dem neuen Sicherheitsgesetz, das am Donnerstag auf dem Nationalen Volkskongress verabschiedet wurde, beendet nun Peking den Status quo. Die Sicherheitsbehörden vom Festland dürfen fortan in Hongkong Büros beziehen und Proteste unterbinden. Das 1997 zugesicherte Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" gilt faktisch nicht mehr, denn nun hat Peking das letzte Wort. Hongkong, wie die Welt es kennt, wird aufhören zu existieren.

Die Protestbewegung bittet nun das Ausland um Hilfe, die Radikalen fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt, dass Peking nicht zu trauen ist. Und die moderaten Hongkonger, die bisher wollten, dass alles bleibt, wie es ist, müssen sich nun denen anschließen, die Veränderung fordern. (Philipp Mattheis, 28.5.2020)