Statt "Corona" sollen in seinem Kalender wieder fixe Buchungen stehen: Wolfgang Brunner hat ein Ziel. Jetzt hat er im leeren Gastgarten auf dem Hauptplatz von Enns Platz genommen. Die Gaststube des Goldenen Schiffs ist am frühen Morgen gut gefüllt. Im ersten Stock herrscht seit 12. März gähnende Leere.

Wie auch bei den anderen rund 16.500 heimischen Hotelbetrieben. Heute, Freitag, dürfen sie wieder aufsperren. Die Regeln sind mittlerweile bekannt: Maskenpflicht, Abstandhalten, verschärfte Hygienevorschriften. Bei Brunner kommt dennoch keine Jubelstimmung auf. Zusätzlich zum Gasthaus betreibt er in der ältesten Stadt Österreichs ein Hotel mit 27 Betten und 17 Mitarbeitern.

Er legt seinen großen schwarzen Kalender auf den Tisch: "Mehr muss ich dazu nicht sagen." Tatsächlich finden sich bis Anfang August kaum Buchungen. Übernachtungen, Hochzeiten, größere Veranstaltungen fehlen. "Normalweise mache ich in einem Jahr so eine Million Euro Umsatz. Heuer rechne ich mit rund 500.000 Euro", sagt Brunner.

Die Vorbereitungen liefen in den letzten Tagen auf Hochtouren.
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Mit der Einschätzung der Wirtschaftskammer deckt sich seine dunkelgraue Stimmung nicht. Deren Präsident ortet einen atmosphärischen Aufwärtstrend, auch wenn rund die Hälfte der Hotels zunächst gar nicht aufsperren will. Die Stimmung in der Wirtschaft sei besser als gedacht, sagt Harald Mahrer am Tag vor der Wiederöffnung der Betriebe. Bei Kaffeehäusern und in Landgasthäusern seien die Geschäfte überraschend gut gelaufen, so der WKÖ-Chef. Sorgenkinder blieben die Wiener Innenstadt und andere große, vom internationalen Tourismus abhängige Städte.

Maue Buchungslage

Florian Weitzer, Chef der fünf Stadthotels Weitzer, Grandhotel Wiesler, der beiden Daniels in Graz und Wien und des Grand Ferdinand kann davon ein Lied singen. Die momentane Buchungssituation sei "ziemlich mau". Vorerst sperrt er nur das Haupthaus Weitzer in Graz und das Grand Ferdinand in Wien auf, mit stark reduzierten Preisen bis September. Zieht die Nachfrage an, will er sukzessive die anderen Häuser öffnen. Seine Zuversicht lässt sich Weitzer nicht nehmen: "Es wird wieder." Wann genau das sein wird, kann in der Branche niemand sagen. Vielleicht noch im Herbst, so hoffen viele.

Die aktuellen Zahlen geben naturgemäß keinen Anlass zur Freude. Die Corona-bedingte Sperre der heimischen Tourismusbetriebe ab Mitte März hat die Zahl der Nächtigungen von November bis April um 18,1 Prozent auf 59,72 Millionen abstürzen lassen – 13,2 Millionen weniger als in der Vorjahressaison. In Tourismusregionen wie Kärnten und der Steiermark konzentriert man sich auf die positiven Signale.

Warten auf deutsche Gäste

Die Nachfrage und Buchungslage sei nicht so schlecht, sagen Touristiker wie Ute Hödl von der Steirischen Tourismus GmbH: "Viele wollen jetzt raus in die Natur." Auch für die Kärntner Seengebiete sei die Lage "an sich gut", wie Barbara Tschöscher von der Kärnten-Werbung resümiert – mit regionalen Unterschieden. Auch die alpinen Regionen ziehen langsam nach.

Von alten Buchungskategorien um diese Jahreszeit ist man weit entfernt. Gut 85 Prozent der Kärntner Betriebe werden heute öffnen, sagt Tschöscher. "Manche Betriebe sind vom ersten Tag an sehr gut ausgelastet, bei anderen wird es ruhiger zugehen." Spannend werde es Mitte Juni, bei der Grenzöffnung zu Deutschland. Kommen die Gäste oder folgen sie dem Ruf so mancher ihrer Politiker und bleiben daheim?

Kommen Gäste aus dem Ausland oder bleiben sie im eigenen Land? Gewissheit gibt es derzeit nicht.
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Diese bange Frage stellt sich wohl jeder heimische Hotelier und hofft das Beste. Auch wenn es jetzt recht mickrig wieder losgehe, sei die Stimmung geradezu "großartig", sagt Gabriela Benz, Direktorin des Le Méridien Wien. Zumindest im Vergleich zu bisher. Eine Art Endzeitstimmung hätte sich in ihrem Haus am Ring breitgemacht. Alles war mit Leinen verhüllt, "das war traurig". Zu tun gab es viel. Putzen, Heftchen mit Fotos produzieren, die den Beschäftigten in die Hand gedrückt werden.

Der Inhalt prosaisch: Wie muss der Frühstücksraum unter Einhaltung der neuen Regeln aussehen, wann darf das Zimmer gereinigt werden. Die Gäste bekommen bei der Ankunft ein Zetterl in die Hand, wo anzukreuzeln ist, was sie am Morgen zu speisen gedenken, denn ein Buffet gibt es nicht. Doch immerhin: Es haben sich Gäste angekündigt, sagt Benz. Juli und August werden aber schwierig. Benz geht davon aus, dass es wohl noch einige Betriebe aufstellen wird. Für das eigene Haus ist sie verhalten optimistisch.

Lydia Hauthaler vom Hotel Laschenskyhof in Wals-Siezenheim hat ebenfalls schon Buchungen fürs Pfingstwochenende und die neuen Richtlinien bereits bei den Geschäftsreisenden getestet. Am Buffet muss Mundschutz getragen werden. Im Außenbereich sind Schilder mit den Abstandsregeln angebracht. "Es ist alles handelbar und nicht schlimm. Die Gäste halten sich alle an die Regeln", sagt die Chefin des Familienbetriebs.

Die Hoteliers sind jedenfalls vorbereitet. Für die Betriebe war und ist das mit hohem Aufwand verbunden.
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Wie das Le Méridien in Wien mit seinen 150 Mitarbeitern schickte auch Hauthaler ihre 71 Beschäftigten in Kurzarbeit. Auch wenn man die Einbußen heuer nicht aufholen könne, Trübsinn blasen will Hauthaler nicht. Festspielgäste, aber auch Familien hätten sich schon angesagt. "Wenn die Buchungslage so bleibt im Sommer, sind wir zufrieden."

Davon ist Monika Forster weit entfernt. Sie vermietet in Bramberg am Wildkogel Ferienapartments. "Die Buchungslage war noch nie so schlecht", klagt die Pinzgauerin und hofft jetzt auf deutsche Gäste. Die bisherigen Buchungen kämen alle von deutschen Urlaubern, aber "auch nur, weil wir keine Stornogebühren verlangen, wenn sie wegen der Corona-Regeln doch nicht kommen können", sagt Forster. (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, Walter Müller, Regina Bruckner, 29.5.2020)