Bild nicht mehr verfügbar.

Unterstützung für seinen Kampf gegen die sozialen Medien erhält Trump von US-Boulevardmedien.

Foto: Jonathan Ernst / REUTERS

Der Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem liebsten Onlinedienst geht in die nächste Runde. Und dabei zeigt sich vor allem eines: Bei Twitter gibt man sich von jener "Executive Order", mit der Trump das Unternehmen und andere soziale Medien in ihre Schranken weisen will, ziemlich unbeeindruckt.

Gewaltverherrlichung

Twitter hat zum ersten Mal eine Nachricht von Trump ausgeblendet – und zwar wegen des Vorwurfs der "Gewaltverherrlichung". Konkret ging es im Tweet des US-Präsidenten um die aktuellen Ausschreitungen bei Protesten gegen Polizeigewalt in Minneapolis. In diesem kündigte Trump an, dass auf die aktuellen Plünderungen Schüsse folgen würden.

Twitter argumentiert nun, dass dieser Tweet von Anhängern des Präsidenten als Aufruf zur Gewalt verstanden werden könnte. Insofern habe man ihn ausgeblendet. Eine vollständige Löschung – wie es bei anderen Twitter-Nutzern in so einem Fall wohl passiert wäre – wolle man aber ebenfalls nicht vornehmen, da es ein übergeordnetes öffentliches Interesse gebe. Also gibt es den Tweet zwar nicht mehr auf den ersten Blick zu sehen, über einen Knopf kann er aber wieder eingeblendet werden.

Am Freitag relativierte Trump seinen eigenen Tweet, natürlich auf Twitter. Plündern führe dazu, dass geschossen werde, schrieb er. "Ich will nicht, dass das passiert". Und das habe er mit seinem Tweet gemeint.

Unerwartete Eskalation

Dass Twitter jetzt damit beginnt, gegen die Tweets des US-Präsidenten vorzugehen, wird zwar von vielen Beobachtern begrüßt – kommt aber auch überraschend. Immerhin hatte sich das Unternehmen lange gegen jegliche Konsequenzen für die Nachrichten von Trump gesperrt. Immer wieder hatten Kritiker angemerkt, dass andere User für viele Dinge, die der US-Präsident so tweetet, längst schon gesperrt worden wären. Insofern ist unklar, was den aktuellen Sinneswandel des Unternehmens ausgelöst hat.

Klar ist jedenfalls, dass die Aktion von Twitter zu einer weiteren Eskalation im Streit mit Donald Trump führen wird. Lange hatten sich die beiden Seiten still darauf verständigt, dass man in einer Art Symbiose lebt. Immerhin ist Twitter für Trump ein wichtiges Propaganda-Tool, während Twitter natürlich von der damit einhergehenden öffentlichen Aufmerksamkeit für den eigenen Dienst profitiert.

Hintergrund

Auslöser des aktuellen Konflikts war ein Tweet von Trump, in dem er fälschlicherweise einen Zusammenhang zwischen Briefwahl und Wahlbetrug hergestellt hatte. Diese Behauptung hatte Twitter mit einem Faktencheck versehen, was wiederum den US-Präsidenten erzürnte. Also ließ er eine "Executive Order" aufsetzen, mit der soziale Netzwerke stärker reguliert werden sollen. Rechtsexperten gehen allerdings davon aus, dass zentrale Teile darin nicht rechtmäßig sind. Angesichts dieser extremen Reaktion auf den Faktencheck darf mit Spannung erwartet werden, wie Trump auf das Ausblenden seines Tweets reagieren wird.

EU zurückhaltend

Die EU-Kommission hat zurückhaltend auf das Vorgehen von US-Präsident Donald Trump gegen soziale Netzwerke wie Twitter und Co reagiert. Man nehme Trumps Anordnung zur Kenntnis, sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Freitag in Brüssel. Gleichzeitig kündigte er für Dienstag den Start einer öffentlichen Befragung zu Rolle und Pflichten der Plattformen in der Europäischen Union an.

Die EU-Kommission hat die Plattformen immer wieder gedrängt, gegen Falschnachrichten vorzugehen. Zuletzt verlangte Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Zusammenhang mit der Corona-Krise, soziale Medien müssten ihre Daten mit Faktencheckern und Wissenschaftern teilen und gefährliche Gerüchte frühzeitig aufklären. (apo, APA, 29.5.2020)