Aktuell forciert S+B die Arbeiten am "Widok-Towers"-Büroturm vis-à-vis vom Kulturpalast direkt an der Metrostation Zentrum.

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300 Wohneinheiten entwickelt die UBM bis 2023 in der Arcus City in Prag. Sieben andere Projekte hat sie in CEE in der Pipeline. Gemessen am Gesamtvorhaben ist das allerdings wenig.

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Mit 220 Metern ist der Warsaw Spire Tower nach dem Kulturpalast das höchste Gebäude Polens. Die Immofinanz zeigte durch seinen Kauf ein kräftiges Lebenszeichen im Warschauer Immobilienmarkt.

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Natürlich wird es kurzfristig negative Auswirkungen durch Covid-19 auch auf bestimmte Gewerbeimmobilien in CEE geben. "Da gibt es keine großen Unterschiede zu Westeuropa: Es gibt überall Shutdowns, die den Hotel-, Restaurant- und Einzelhandelsbereich am stärksten treffen, aber keine Immobilienart wirklich verschonen", meint Andreas Ridder, Managing Director CBRE Austria & CEE. Transaktionen wie Vermietungen oder Verkäufe würden nun halt oft verschoben oder ganz gestrichen. Alles in allem scheinen die Länder derzeit aber recht stabil durch die Krise zu marschieren. Das Kopfzerbrechen bei Retail-Investitionen ist für manche Experten gar nicht so dramatisch wie im Westen des Kontinents, weil sich Nahversorger oder große internationale Marken nach wie vor relativ gut im Sattel halten. Gleiches gilt für die Büromieter – immerhin steckt fast die Hälfte der dortigen Immo-Investitionen in Bürogebäuden. Viele Mieter sind Großkonzerne mit entsprechend kapitalem Rückgrat.

Problemkind Ungarn

"Die einzelnen Märkte werden sich unterschiedlich schnell erholen, je nachdem, wie sehr die Marktwirtschaft im Zuge der Corona-Krise hinuntergeprügelt wurde. Langfristig dürfte CEE keinen großen Schaden nehmen", glaubt Bewertungsexperte Wolfgang M. Fessl von der MRG Metzger Reinberg Gruppe. Schon vor der Krise unterschied er im Wesentlichen zwei Gruppen: "Die Musterschüler – haben ihre Hausaufgaben gemacht, haben funktionierende Marktwirtschaften und finden den Anschluss an die Länder Zentraleuropas, dazu gehört zum Beispiel Polen. Der zweite – überwiegende – Teil hat den Turnaround noch nicht geschafft. Das größte Problem dort stellt nach wie vor die Korruption dar, aber auch die fehlende Rechtssicherheit", so Fessl, der als Beispiele für Letzteres die Ukraine und Ungarn anführt.

Gerade Ungarn hätte zwar alle Vorzeichen für eine prächtige Wirtschaftsentwicklung gehabt, der Immobilienmarkt sei aber kaputt. Mit dem Notstandsgesetz in der Corona-Krise habe sich Viktor Orban wohl gänzlich von der Demokratie verabschiedet. "Ich denke, Ungarn wird ein weißer Fleck auf der Investitionslandkarte werden", meint Fessl. Ridder sieht das im Übrigen anders. Die politischen Entwicklungen hätten der ungarischen Wirtschaft weder in den letzten Jahren geschadet noch scheint das im Moment der Fall zu sein, so der CBRE-Chef. "Im Gegenteil, Ungarn hat sich wirtschaftlich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt, und es gibt gerade im Immobilienbereich sehr starke lokale Investoren, die es überraschenderweise zum Beispiel in Polen gar nicht gibt. Auch gibt es keine Anzeichen eines Abzugs internationaler Investoren."

Besser Polen

Während sich bezüglich des Orban-Staates also die Geister scheiden, ist man sich bei einem anderen Land recht einig. Polen funktioniert. Nicht dass dort die Regierung astreine Demokratie lebt, aber das Land sticht unter den CEE-Märkten insofern heraus, als es eine auffällig gute wirtschaftliche Entwicklung mit Investorentauglichen Konzepten und einem attraktiven Markt kombiniert – Polen ist der sechstgrößte EU-Staat. Es gibt einige attraktive Städte, in der Hauptstadt landeten in den letzten fünf Jahren "nur" 20 bis 40 Prozent der Investitionen – das Gesamtvolumen lag allerdings 2018 immerhin bei 7,2 Milliarden Euro.

Die Marktaktivitäten in der polnischen Hauptstadt zu verfolgen, ist spannend. Da tut sich was. Beim umfassenden Sanierungsprojekt Fabryka Norblina wurde etwa ein ganzes Haus verschoben, um darunter Parkplätze zu bauen und danach das Haus wieder zurück zu verpflanzen. Zuletzt hat sich HB Reavis die Finanzierung für den Forest Office Campus (162 Millionen Euro) gesichert, die CPI Property Group (nein, nicht zu verwechseln mit der österreichischen CPI) hat der Immofinanz ein Bürogebäude abgekauft, Deka hat den Park Z von Skanska erworben, neue Projekte wie das PZO (gemischt genutzt: Büro, Fitness, Retail, Wohnen) wurden begonnen, andere werden bald fertiggestellt. Etwa die Widok Towers der österreichischen S+B.

Seit 30 Jahren keine Krise – bis heute

Direkt an der Metro gelegen, schauen die Mieter der Widok-Towers über den weiten Platz rund um den Kulturpalast auf die dahinter wachsende Skyline. Eine ziemlich einzigartige Location. Im Oktober 2020 soll der Zwillingsturm eröffnet werden, 34.000 Quadratmeter Bürofläche können im jüngsten Warschauer S+B-Projekt vermietet werden. Bis vor Kurzem hatte niemand Zweifel an raschen Vermietungserfolgen solcher Projekte, denn der Büromarkt hatte 2019 sein absolutes Rekordjahr. Tatsächlich zeigten alle Fundamentaldaten ein fantastisches Bild. Aktuell sind daher rund 700.000 Quadratmeter Bürofläche in 30 Projekten in Entwicklung. Bei einer Präsentation im Oktober 2019 in dem ausgesprochen lässigen Warschauer Colliers-Büro hieß es noch: "Polen hatte in den letzten 30 Jahren praktisch keine Krise." Nun kam Corona.

Aber auch das wird überstanden werden. Und die Österreicher bleiben. Obwohl bei Weitem nicht mehr so viele heimische Unternehmen in CEE mitmischen, werden diese nach wie vor als seriöse und willkommene Partner wahrgenommen. Vielleicht wird der Anteil österreichischer Unternehmen an der aktuellen Immobilienentwicklung sogar mitunter überschätzt, das ist wohl auch der Historie geschuldet – einst waren sie ja die stärksten Investoren und Treiber auf einigen CEE-Märkten. Für neues Aufsehen in Warschau hatte die Immofinanz gesorgt, als sie vor rund einem Jahr mit Warsaw Spire das höchste Bürogebäude Polens akquirierte. Das Landmark spült rund 19,6 Millionen Euro an Mieteinnahmen im Jahr (Bruttorendite von 5,1 Prozent) in die Bilanz und setzte Impulse im Viertel westlich des Kulturpalastes. Corona hin oder her, hat auch 6B47 in Warschau zugeschlagen. Die Gesellschaft hat ein Grundstück in bester Lage gekauft, um dort auf einer Nutzfläche von 12.000 Quadratmetern justament ein Studentenwohnheim inklusive Gewerbeflächen und eine Tiefgarage zu bauen. "Das geplante Studentenhaus wird unser erstes Projekt in Warschau. Wir freuen uns, dass wir zusätzliches Kapital von einem neuen Investor gewinnen konnten, der das Projekt in der Grochowska-Straße mit uns mitfinanziert", meint Mirosław Januszko, 6B47-Geschäftsführer in Polen.

Nicht für alle richtig

Wer in CEE nach respektierten Playern der Immo-Branche frägt, der wird wohl auch UBM als Antwort erhalten. Der Track-Rekord der Gesellschaft ist enorm, lediglich scheint CEE gar nicht mehr so sehr der Fokus zu sein. Klar, drei Projekte in Prag und fünf in Polen stehen in der Fertigstellungs-Pipeline bis 2022, gemessen am Gesamtvolumen der UBM-Developments ist das aber nicht viel. UBM-CEO Thomas G. Winkler: "Im CEE-Raum sehen wir vor allem in Prag Marktchancen, und in Polen sind wir aktuell in Krakau und Kattowitz tätig. Darüber hinaus sind wir im CEE-Raum nicht aktiv. Dafür bieten unsere angestammten Märkte zu viele Möglichkeiten." Gemeint sind Deutschland und Österreich. Nur 15 Prozent der geplanten 2,5 Milliarden Euro an Investitionen sollen in die CEE-Märkte fließen.

So denken auch andere. "Eyemaxx’ angestammtes und historisches Geschäftsfeld ist die Entwicklung von Fachmarktzentren in den östlichen Ländern Mitteleuropas. Aufgrund des ‚First Mover‘-Effekts waren wir in diesem Segment speziell in den sogenannten Nullerjahren äußerst erfolgreich", erklärt Eyemaxx Deputy CEO Maximilian Pasquali. Opportune Möglichkeiten würden zwar noch wahrgenommen werden, aber auch Eyemaxx habe sich längst geografisch auf Deutschland und Österreich und bei Asset-Klassen weg von Fachmarktzentren hin zu Wohnen orientiert. Andere österreichische Investoren und Entwickler, die man in CEE vergeblich sucht: Banken und deren Töchter. Einst Pioniere, zogen sie sich nach 2008 radikal aus dem Osten zurück.

Corona ist kein Hindernis

Andere hingegen blieben und freuen sich über funktionierende Märkte: "Die S+B Gruppe AG ist seit 1988 mit großem Engagement im CEE-Bereich als Developer tätig. In dieser Zeit sind in den einzelnen Ländern Tschechien, Polen und Rumänien höchstqualifizierte lokale Teams erwachsen, die nun in der Phase der Corona-bedingten Grenzsperrungen und unter sonstigen höchst sensiblen Randbedingungen ihre wahren Stärken gezeigt haben", freut sich Franz Paul Bauer, bei S+B Vorstand für den CEE-Bereich. Seiner Einschätzung nach kann sich nun die Erfolgsstory von 2009 wiederholen, "vor allem in Warschau, wo damals praktisch alle Mitbewerber ihre Büroprojekte auf Eis gelegt haben und S+B mit dem ZEBRA-Bürohaus als Erster nach der Finanzkrise und nahezu Einziger neue Büroflächen in bester Lage anbieten konnte. Miet- und Kaufinteressenten standen nahezu "in Schlangen", erinnert sich Bauer. (Heimo Rollett, 29.05.2020; der Artikel wurde auch im Magazin "Immobilienwirtschaft" veröffentlicht)