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Eine große Retrospektive zum Oeuvre von Paulus war eigentlich für März im Filmarchiv geplant. Wegen der Corona-Pandemie musste sie entfallen. Anfang September wird sie in memoriam im Wiener Metro Kinokulturhaus und im Salzburger Das Kino zu sehen sein.

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Er fühle sich wie "der letzte Mohikaner", hat Wolfram Paulus einmal gesagt, und er meinte damit seine Haltung als ein Filmemacher, dem "Achtung" für seine Figuren wichtiger ist als kommerzieller Erfolg. Das Indianer-Bild ist aber auch passend für einen Künstler aus einer Generation, die Karl May noch las "wie ein Lexikon", wie es in "Die Ministranten" heißt, dem vielleicht schönsten von seinen Filmen. Paulus erzählt darin von einer Kindheit im Lungau, in einer Zeit, als Österreich gerade ein paar Schritte in die Moderne machte. Der Region, dem Salzburger Land, hat er überwiegend die Treue gehalten, selbst zum Filmstudium ging er ins nähere München und nicht nach Wien hinaus, wie man in West-Österreich gern sagt.

Sein bekanntester Film "Heidenlöcher" erzählt von der Zeit des Zweiten Weltkriegs in einem Dorf, in dem ein Deserteur versteckt wird – man kann dabei durchaus auch an den verzweifelten Grundwehrdiener Biberger aus dem Kurzfilm "Wochenend" denken, mit dem Paulus sein Filmstudium abgeschlossen hatte. Die bergende Provinz ist zugleich die vernichtende Provinz. Mit "Nachsaison" kam Paulus schließlich in einer Gegenwart an, in der aus dem Fremdenverkehr allmählich Tourismus wurde.

Es war sein Vater, der Wolfram Paulus, geboren 1957 in Großarl, auf die Arbeit mit einer Filmkamera brachte. Nach den drei Filmen, die man als eine Salzburger Trilogie gesehen hat und die auch international weithin wahrgenommen wurde, schwand die Aufmerksamkeit für die Arbeiten von Wolfram Paulus ein wenig. Er widmete sich nun Beziehungs- und Familiengeschichte, zum Beispiel "Du bringst mich noch um" (2003) mit August Zirner und Katja Flint. Am Donnerstag ist Wolfram Paulus im Alter von 62 Jahren gestorben. Den Tod von Franz Biberger kommentierten die Menschen in Großarl einst mit den Worten: "Ja, so ist es halt, so soll es nicht sein, aber so ist es halt." (Bert Rebhandl, 29.5.2020)