Man hatte ihn fast vergessen. Dabei war er kaum zu übersehen. Wie ein Klotz stand der Heimtrainer in den vergangenen Jahren in Bügelzimmern und Kellerräumen herum. Für viele war er nicht mehr als ein breitbeiniger Staubfänger, ein unbewegliches Relikt aus den 1990er-Jahren, der alte weiße Mann im Raum.

Die Schweißperlen im stillen Kämmerlein rinnen zu lassen, das erschien in Social-Media-Zeiten zunehmend unattraktiv. Wer fit bleiben wollte, schloss lieber überteuerte Jahresabos in Fitnessstudios ab, buchte Yogakurse in cleanen Altbauwohnungen, wurde zum CrossFit-Jünger oder lud sich Apps wie Freeletics oder Runtastic runter. Man ließ die Welt teilhaben an gestrampelten Kilometern, Laufparametern und anderen Trainingserfolgen.

Nachdem – Corona sei dank – die Fitnessstudios und Sportvereine ihre Türen lange geschlossen hatten und der Mensch mehr Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht hat, hat sich der Wind gedreht. Den Heimtrainer oder das Ergometer im Wohnzimmer aufzubauen, erscheint neuerdings gar nicht mehr so abwegig. Im Gegenteil: "Fit trotz Corona-Krise: das Ergometer sorgt für bestes Indoor-Training", schrieb im März das Männermagazin GQ.

Vom Schreibtisch rüber auf den Heimtrainer sind's nur wenige Meter.
Foto: imago images/Westend61

Das Fitnessbike ist zum liebsten Mitbewohner und wieder einmal zum Prestigeobjekt avanciert. Anbieter wie das 2012 gegründete US-Start-Up Peloton verzeichnen steigende Umsätze.

Geräte mit großen Bildschirmen

Das liegt auch daran, dass diese Geräte dem Bedürfnis nach Abstand wie Teilhabe gleichermaßen nachkommen: Über einen großen eingebauten Bildschirm können Spinning-Kurse in New York oder London live auf den Monitor ins Meidlinger Wohnzimmer übertragen werden. Auch die Konkurrenz von Technogym setzt auf Übertragung von Live-Fitnesskursen über den Bildschirm. So fühlt sich das Schwitzen daheim gleich ein bisschen weltläufiger an.

Das hat sich der schwedische Arzt Gustav Zander, der in den 1850er Jahren die ersten Sportgeräte für die Ertüchtigung im eigenen Heim entwickelte, nicht zu träumen gewagt: dass sich aus seinen simplen Konstrukten aus Bändern und Rollen jene futuristischen, mehrere Tausend Euro teuren Maschinen von heute entwickeln würden. Seine Vorrichtungen betätigten damals Frauen im Korsett und Männer in Weste, Hemd und Mascherl. Heute tun es meist T-Shirts und Shorts, wenn auch oft vom Designer. (feld, 31.5.2020)