Michael Schade ist auf ORF 3 zu erleben.

Beck

Es geht den Internationalen Barocktagen Melk nicht besser als verwandten Festivals. Die Unsicherheiten – aufgrund der Coronakrise – haben dazu geführt, die Reihe absagen zu müssen. Freiluftambiente wie in Grafenegg ist nicht so leicht zu haben. Und so setzte sich Tenor und Festivalleiter Michael Schade ans Telefon und rief alle Künstler an. "Ich wollte nicht, dass es die Kollegen irgendwo erfahren", also nicht unpersönlich. Das zu vermeiden, "war ein Gebot der Fairness", sagt Schade, der übrigens auch seine Hochzeit verschieben musste.

Eine Verschiebung

Die Botschaft Schades, der "fünf Tage lang am Telefon" hing, war dann aber auch nicht ganz hoffnungsfrei. Das Festival würde auf 2022 verschoben, das Programm wäre nicht verloren: "Bedauerlich, dass es nun nicht stattfinden kann. Aber die Verschiebung ist doch eine tragfähige Möglichkeit. So sind das Festival und seine Projekte noch existent."

Gute Nachrichten gab es auch zu einem anderen Aspekt: Was die ausgefallenen Einkünfte anbelangt, war Schade bereit zu helfen, falls es für Kollegen wichtig war. Als einer der bedeutenden Tenöre seiner Generation weiß Schade, was es heißt, Absagen einkalkulieren zu müssen. In Toronto fiel für ihn etwas aus, in Wien "Arabella" an der Staatsoper, in Istanbul konnte das "Lied von der Erde" nicht stattfinden. Und in Australien fiel das Engagement bei der Oper "Die tote Stadt" ins Wasser.

Glas dennoch halb voll

Dennoch plädiert er dafür, insgesamt "das Glas als halb voll zu betrachten und nicht als halb leer, da bleibe ich dabei". Das Ganze sei natürlich wie ein surreale Film wie ein Bond-Streifen, in dem ein Bösewicht den Globus in Gefahr bringt.

Diesem Zustand voller Ungewissheit stellt Schade mit Freunden nun aber am 31. 5. etwas entgegen. Unter dem Motto "Alles vermag die Liebe" wurde im Stift Melk und Schloss Pielach ein Konzert gegeben und aufgezeichnet, das als musikalischer Gruß am Pfingstsonntag (20:15 auf ORF III) gezeigt wird. Auf dem Programm stehen geniale Musiker aus ferner Zeit: Es werden Lieder und Instrumentalwerke von John Dowland und Henry Purcell zu hören sein.

Michael Schade musiziert mit David Bergmüller (Laute), Rahel Stoellger (Blockflöte), Pierre Pitzl (Gambe) und Stefan Gottfried (Cembalo und Orgel). Mit dabei sind auch Werke von Tobias Hume, Matthew Locke, Robert Johnson, Richard Smarte, Thomas Robinson. Es gibt auch einen Kontrast: Im Schloss Pielach erklingen zeitgemäße Versionen britischer englischer Lautenlieder – alles unter Einhaltung der damals verordneten Bestimmungen, die sich nun langsam lockern.

Ein Drittel Gage

Wie das Schade sieht? Was das kommende Konzertleben betrifft, findet er, man müsse wohl eine Zeitlang den Kompromiss akzeptieren. "Halbvolle Konzerte sind auch Konzerte, und die Leute wollen ja kommen, obwohl es eher langsam hochgehen wird bis zur alten Normalität", prognostiziert Schade. Wenn statt 600 Leuten 150 kommen, "müssen wir eine Weile wohl auch unsere Gagen anpassen. Man kann nicht nur die Hand aufhalten, man muss auch einmal mit dem Drittel zufrieden sein." Es sind eben besondere, seltsame Zeiten. (Ljubisa Tosic,29.5.2020)