Die Hotels hätten die Behörden innerhalb von 24 Stunden informieren sollen, taten es aber zumindest für zwei Tage nicht.

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Die Diskussion, wann man in Tirol über die ersten Corona-Fälle im Paznauntal Bescheid wusste, ist nun um eine Facette reicher: Bereits am 3. März soll eine isländische Reiseleiterin ein betroffenes Hotel in Ischgl über mehrere infizierte Urlaubsgäste informiert haben, so Recherchen von "ZiB 2" und "Profil". Bislang ging man davon aus, dass man in Tirol mit der offiziellen Warnung Islands, die am 4. März spätnachts in Wien eintraf und wenige Stunden später in der Nacht vom 5. März über infizierte Urlauber aus Island erfahren hatte.

Die Reiseleiterin habe in einem E-Mail darauf hingewiesen, dass das Virus von Epidemologien in Island festgestellt worden war. Außerdem verwies sie auch auf zwei weitere Infektionen, die nicht in ihrer Gruppe gewesen wären. Die Reaktion des Hotels sei fatal ausgefallen: So habe eine Mitarbeiterin die isländische Reiseleiterin gefragt, ob sie wisse, ob sie handeln müsse. Nach dem Epidemiegesetz hätte sie die Behörden innerhalb von 24 Stunden informieren müssen. Erst zwei Tage später schickte sie das Mail an den Tourismusverband weiter, der es dann dem Land weiterleitete.

Pressesprecher wollte Infektion verschweigen

Auch ein den beiden Redaktionen vorliegendes internes Protokoll des Tiroler Krisenstabs hinterlässt kein gutes Bild am Krisenmanagment des Landes. Obwohl in der Sitzung vom 5. März schon die offizielle Warnung aus Island in Tirol eingetroffen war, beschwichtigte der Leiter der Landessanitätsdirektion Franz Katzgraber: Die Isländer "wären angeblich positiv getestet worden", heißt es im Protokoll. "Ob sie wirklich positiv getestet wurden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden." Man "wartet noch auf Informationen aus dem Ministerium".

Laut dem Sitzungsprotokoll habe auch der Pressesprecher des Landes angeregt, nicht über einen weiteren möglichen Infektionsfall zu berichten. Über den im Protokoll vom 5. März erwähnten Belgier wurde bislang gar nichts öffentlich kommuniziert. Im Gegenteil: Am 5. März entschied man sich noch zu kommunizieren, dass die Ansteckungen der Isländer wahrscheinlich im Flugzeug passiert seien. Zu diesem Zeitpunkt war das Land Tirol aber bereits informiert, dass die 14 infizierten Isländer an unterschiedlichen Tagen heimgereist waren und schon während ihres Aufenthalts Symptome zeigten. (red, 29.5.2020)