Wien/Brüssel – Die Debatte rund um ein üppiges Konjunkturprogramm der EU-Kommission dreht sich weiter und sorgt nun auch in der Koalition für kritische Töne. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat gemeinsam mit den Niederlanden, Dänemark und Schweden auf eine restriktive Linie bei den Hilfen gedrängt. Sein Motto: Statt Direktzuschüssen, soll es für angeschlagene Länder wie Italien Kredite geben. Bloß: In der Koalition akkordiert war diese Linie offenbar nicht.

Die Grüne Klubchefin Sigi Maurer sagte nun zu ATV: "Also ich würde schon sagen, dieses Vorpreschen von Sebastian Kurz in dieser Vierer-Koalition war sicher sehr ungünstig, ich würde sagen es war ein Fehler."

Auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) meldete sich zu Wort: Im Interview mit dem Kurier äußerte er sich wohlwollend über den deutsch-französischen Plan. "Es ist ein recht interessantes Konzept, das die beiden vorgelegt haben", sagte Schüssel. Auch den Plan der EU-Kommission finde er "gut", meinte der Altkanzler. Er lobte, dass im Gegensatz zu den Corona-Bonds nicht jedes Land für die gesamte Summe hafte, sondern nur für den jeweiligen Prozentanteil. "Das sind für Österreich 2,7 Prozent und für die Deutschen ein Viertel. Dazu wird das Geld in einer doppelten Konditionalität vergeben. Einerseits in der zweckgebundenen Verwendung der Mittel und gebunden an innere Reformen", sagte Schüssel.

Auch für den Plan der EU-Kommission fand der ÖVP-Politiker lobende Worte, ohne Kritik an den Vorschlägen der sogenannten "Sparsamen Vier" um Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu üben. Die vier Länder hätten "berechtigte Alternativen auf den Tisch gelegt", meinte Schüssel.

Blümel will nachverhandeln

Finanzminister Blümel deponierte am Samstag in der Ö1-Sendung "Im Journal zu Gast" einmal mehr die Forderung Österreichs nach Nachverhandlungen des EU-Hilfsfonds. "Wir sind als Österreich immer verhandlungsbereit, aber diesem Paket wird Österreich nicht zustimmen." Laut Blümel würde der Kommissions-Vorschlag annähernd eine Verdoppelung des EU-Beitrags auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung bedeuten und das sei "inakzeptabel".

Sigi Maurer wünscht sich andere Linie Österreichs in der EU.
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Gelassen nimmt Blümel den Fehler im Corona-Abänderungsantrag zum Budget, der statt 103,389 Milliarden Euro nur Gesamtausgaben von 102.389 Euro vorsah. Der Hinweis, dass die Zahlen "in Millionen Euro" zu verstehen sind, war nämlich entfallen. "Wenn hier mal in der Hitze des Gefechts etwas übersehen wird, dann sollte man nicht mit Fingern auf Personen zeigen", so Blümel. Zudem habe es eine ähnliche Situation schon in den letzten Jahren gegeben.

SPÖ sieht "Schmierenkampagne"

Blümel bezog sich damit auf das Budget 2015, wo SPÖ und ÖVP sowohl im Ausschuss als auch im Plenum Abänderungsanträge eingebracht hatten, in denen bei den Gesamtsummen ebenfalls der Hinweis auf die Millionen Euro fehlte. Für das Budget war dies allerdings irrelevant, denn das im Bundesgesetzblatt kund gemachte Finanzgesetz 2015 enthielt schlussendlich wieder die korrekten Zahlen inklusive Millionen-Angabe.

Dass ÖVP-Kreise nun einen dieser alten Anträge – verbunden mit dem Hinweis, dass er vom heutigen SP-Budgetsprecher Jan Krainer unterstützt worden war – an Medien lancierten, um den Fehler im Koalitions-Antrag zum Budget 2020 zu relativieren, führte am Samstag zu empörten Reaktionen der SPÖ. Denn anders als der türkis-grüne Antrag zum Budget 2020, der im letzten Moment korrigiert werden musste, waren die Abänderungen zum Budget 2015 rechtlich wasserdicht formuliert. Daher auch die korrekte Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach von einer "niederträchtigen Schmierenkampagne" der ÖVP gegen die "wertvolle Oppositionsarbeit der SPÖ". (red, APA, 30.5.2020)