Zu viele Hitler-Bilder, zu wenig Kontext: Eine Expertenkommission übt Kritik an der Ausstellung "Republik und Diktatur" im Heeresgeschichtlichen Museum.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Als "nicht mehr zeitgemäß und insgesamt unzureichend" beurteilt die Expertenkommission rund um Museumsbund-Präsident Wolfgang Muchitsch den Ausstellungsteil "Republik und Diktatur" im Heeresgeschichtlichen Museum (HGM). Das geht aus dem vom Verteidigungsministerium beauftragten Evaluierungsbericht hervor, der der APA vorliegt.

Zwar fänden sich in der Schau keine "expliziten Hinweise auf antisemitische, rassistische oder rechtsextreme Inhalte", jedoch sei durch die Zusammenstellung der Objekte und deren "mangelhafte Kontextualisierung eine Missinterpretation der Inhalte möglich", heißt es in der Zusammenfassung des neunseitigen Berichts. Empfohlen wird daher eine Neuaufstellung, von lediglich "objektbasierten Ad-hoc-Interventionen" wird abgeraten.

Bereits in der Vorbemerkung weisen die Experten jedoch darauf hin, dass es sich um die Überprüfung einer 20 Jahre alten Dauerausstellung handelt und sich der historische Forschungsstand in diesen beiden Jahrzehnten "seht stark weiterentwickelt" hat: "Im Schnitt gelten Dauerausstellungen nach längstens 15 bis 20 Jahren als überholt, weshalb Museen spätestens dann eine Neugestaltung anstreben."

Kommission empfiehlt Erneuerungsprozess

Die Kommission hinterfragt jedoch "prinzipiell", ob ein militärhistorisches Museum "der wirklich geeignete Museumstyp" für eine Ausstellung dieser Phase der politischen Zeitgeschichte ist. Für eine umfassende Darstellung der Geschichte seien weder Perspektiven der Militärgeschichte alleine noch eine vornehmlich auf militärische bzw. heereskundliche Objekte konzentrierte Sammlung ausreichend. Grundsätzlich empfiehlt die Kommission einen "Leitbildprozess des HGM, um das Bild eines Militärmuseums im 21. Jahrhundert zu schärfen und eine zeitgemäße Orientierung zu ermöglichen".

Konkret auf die Ausstellung "Republik und Diktatur" bezogen kritisieren die Experten den Mangel eines erkennbaren Konzepts, das vor allem in der Zeit von 1938 bis 1945 "nicht mehr wirklich nachvollziehbar" sei. Auch die fehlende Gleichwertigkeit der einzelnen Kapitel wird bemängelt, was zu "groben Missverhältnissen zwischen der Darstellung von Engelbert Dollfuß ('Der Ballhausplatz') im Vergleich zum Kapitel 'Das KZ'" führe. Für die Besucher erschließe sich das Konzept daher "nur sehr schwer bis gar nicht". Selbst für Kenner seien einzelne Themenabschnitte und die Zusammenhänge der Objekte nicht immer möglich zu dekodieren.

Ein schlechtes Zeugnis wird auch den Beschriftungen der Bereiche und Objekte, dem Saalzettel sowie dem Audioguide ausgestellt, der "auch nicht wirklich das bessere Verständnis der Inhalte" unterstütze, da es an Erklärungen der Zusammenhänge und einer Kontextualisierung mangle.

Weiterbestellung von HGM-Direktor Ortner noch offen

Ein durchaus gutes Zeugnis wird allerdings den museumspädagogischen Programmen ausgestellt. "Die Kommission anerkennt das zeitgemäße Leitbild, das sich das Team der Geschichtsvermittlung gegeben hat, und sieht die große Themenvielfalt und die Einbindung vieler Zielgruppen sowie von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sehr positiv". Gleichzeitig sollte sich das Verteidigungsministerium laut der Kommission fragen "ob aus pädagogischer Sicht der Besuch eines militärhistorischen Museums und insbesondere des Zeitabschnitts von 1918 bis 1945/46 für Kinder unter zehn Jahren zu befürworten ist".

Abschließend kommt der Bericht zu dem Schluss, dass die Ausstellung den Erfordernissen einer zeitgemäßen Präsentation "nicht entspricht und erneuert werden muss". Angeregt wird dabei eine "konstruktive und kooperative" Abstimmung mit dem Haus der Geschichte Österreich (HDGÖ), "damit sich die Ausstellungen der beiden Institutionen des Bundes ergänzen". Bei einer Neuaufstellung empfiehlt die Kommission, mit externen Experten zusammenzuarbeiten "sowie dauerhaft einen wissenschaftlichen Beirat zu installieren".

Noch ausständig ist der ebenfalls angekündigte Rechnungshofbericht zum HGM. Bereits im Jänner hatte sich eine externe Tagung mit dem Titel "#hgmneudenken" mit der Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum auseinandergesetzt. Offen ist nach wie vor auch die mögliche Weiterbestellung des HGM-Direktors M. Christian Ortner, dessen Vertrag bereits ausgelaufen ist. (APA, 1.6.2020)