Stefan Schwab ist fit wie ein Fußballschuh. Sollte am Mittwochabend bei Meister Salzburg gepunktet werden, kann Rapid nach oben schielen.

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Wien – Für Wertschätzung kann sich Rapids Kapitän Stefan Schwab zwar nichts kaufen, aber es tut verdammt gut, wenn Zoran Barisic, der Geschäftsführer Sport, sagt: "Ein Top-Mensch, ein Top-Spieler, ein Top-Kapitän. Beeindruckend, wie er mitzieht, sich um andere kümmert und vorangeht." Trainer Didi Kühbauer lässt sich auch nicht lumpen: "Ein unglaublich guter Typ. Eine Identifikationsfigur. Er ist für die Mannschaft und den ganzen Verein enorm wichtig. Er ist das Gesicht Rapids." Der 29-jährige Schwab, dem Selbstdarstellung fremd ist, hört das gern, es rinnt wie Öl über den Salat. "Es ist der Beweis, dass ich vieles richtig gemacht habe."

Ohne Corona wäre wohl alles unter Dach und auch Fach. Es sah danach aus, dass Schwab seinen Vertrag verlängert, es galt, einige Details zu klären. Die im Fußball übliche Feilscherei halt. Für den Mittelfeldspieler sollte es vermutlich der letzte langfristige Vertragsabschluss werden. Und dann kam die Epidemie über Hütteldorf und den Rest der Welt. Der Lockdown, die Unterbrechung der Meisterschaft, der finanzielle Kollateralschaden. Schwab und Rapid hatten den Scherben auf.

Normalerweise wäre der Kontrakt per 31. Mai ausgelaufen, aufgrund der Wiederaufnahme wurde er bis zum Juli verlängert. Schwab: "Der Klub hat sich sehr fair verhalten." Ob im Gesicht Rapids nun Sorgenfalten sind? "Nein. Für andere Menschen ist die Ungewissheit noch viel größer." Schwab wäre ablösefrei zu haben. Wobei er prinzipiell dort bleiben möchte, wo er seit 2014 ist: bei Rapid. Denn: "Es gibt Schlechteres, als hier Kapitän zu sein."

Wichtiger Mosaikstein

Barisic sind die Hände gebunden. Er würde gern, darf aber nicht. "In dieser Krise Verträge abzuschließen wäre fahrlässig, ich wäre haftbar. Momentan sind alle am Kämpfen. Tag für Tag. Sollten wir nächste Saison wieder vor Zuschauern spielen dürfen, wäre das ein wichtiger Mosaikstein. Im Augenblick ist nichts planbar."

Schwab ist fit wie ein Fußballschuh. Es ist nicht so, dass ihn Geisterspiele zu Luftsprüngen veranlassen, "aber sie sind alternativlos. Es geht darum, den wirtschaftlichen Schaden der Vereine möglichst gering zu halten. Die Meisterschaft kann fair und sportlich einem Ende zugeführt werden." Apropos fair: Den Sechs-Punkte-Abzug für den LASK wegen Verstoßes gegen das Fair Play (unerlaubtes Mannschaftstraining) hält der Saalfeldener für gerechtfertigt, fast zu milde. "Das Vergehen war eine Rücksichtslosigkeit gegenüber der gesamten Gesellschaft."

Schwab hat sich auf "zehn gespenstische Matches" in der Meistergruppe bestmöglich vorbereitet. "Leere Stadien sind eine Form von Bedeutungsentzug. Als Kind träumst du davon, einmal in großen Arenen vor viele Menschen zu spielen. Das geht jetzt nicht. Es findet sozusagen eine Rückkehr in die Kindheit statt. Aber die Freude am Spiel bleibt. Es ist eine Konzentration und Reduktion aufs Wesentliche, den reinen Fußball." Man müsse sich mental umstellen, Hygienevorschriften einhalten, Händeschütteln streichen, Emotionen kanalisieren. "Du sollst dich nach einem Tor innerlich freuen, nicht gemeinsam jubeln."

Schwab hat Partien in der deutschen Bundesliga im Fernsehen verfolgt, auch das Cupfinale zwischen Red Bull Salzburg und Austria Lustenau ist ihm nicht entgangen. "Qualitätsunterschiede werden noch deutlicher. Der zwölfte Mann fehlt eher den Außenseitern. Es gibt weniger Theatralik, für Schiedsrichter ist es vermutlich einfacher. Als Spieler musst du aufpassen, was du sagst, denn in dieser Stille wird alles gehört." Rapid ist der Zuschauermagnet, Schwab wird die 20.000 Fans im Allianz Stadion vermissen. "Denn jedes Heimspiel hat, unabhängig vom Ausgang, Spaß gemacht." Andererseits besitze man im Kader ausreichend Breite und Qualität. Aufgrund der Strafe gegen den LASK ist das Kartenspiel neu gemischt. Rapid hat als Dritter vier Zähler Rückstand auf Salzburg und einen auf die Linzer.

Kein Auswärtsnachteil

Am Mittwoch wartet Titelverteidiger Salzburg, der Auswärtsnachteil ist abgeschafft. "Bleiben wir dort ungeschlagen, können wir ganz nach oben schielen. Die körperliche Belastung in den englischen Wochen wird extrem sein." Salzburg hat am Freitag das Cupfinale 5:0 gewonnen, ist angefüllt mit Selbstvertrauen. Als würde das normale Können nicht reichen. Schwab: "Es ist sicher für sie ein Vorteil, dass sie ein Match in den Beinen haben. Sie konnten Abläufe und Automatismen üben."

Schwab hat die Corona-Pause genützt, um zu lernen, eine Arbeit zu schreiben. Er hat an der Fachhochschule Eisenstadt ein Marketingstudium belegt. "Ich blicke immer über den Tellerrand." 2017 wurde er vom damaligen Trainer Goran Djuricin zum Kapitän bestellt, er trat die schwierige Nachfolge des legendären Steffen Hofmann an. "Einer der sozialsten Menschen, die ich je kennengelernt habe." Er selbst sei in das Amt reingewachsen. "Zwei Kriterien sind wichtig. Die Leistung muss stimmen. Und du musst zum Sprachrohr taugen."

Am 5. Juli ist die Liga Geschichte. Am Tag darauf soll Schwab zum ersten Mal Vater werden. "Ich hoffe, der Bub hält sich an den errechneten Geburtstermin." Dieses Ereignis stelle alles andere in den Schatten. "Warum sollte ich Zukunftsangst haben, wenn so etwas Großartiges bevorsteht?" Barisic sagt: "Wir wollen ihn unbedingt halten." (Christian Hackl, 2.6.2020)